Austin – Die Analyse des erneuten Scheiterns will Sebastian Vettel nur hinter verschlossenen Türen führen. «Wichtig ist, was intern passiert», betont der 31 Jahre alte Heppenheimer.
Es sei auch nicht richtig, dass man von außen versuche, immer alles verstehen zu wollen, ergänzt der Ferrari-Chefpilot in Austin. Es ist eine dieser Medienrunden zur Einstimmung auf das Grand-Prix-Wochenende. Die Szenerie passt ins Bild von Vettels Formel-1-Saison. Es ist ungemütlich geworden, es tröpfelt, es ist kühl. Vettel steht im leichten Regen – ohne Schirm vor der Werbewand seines Rennstalls, dessen Mythos ungebrochen ist. Die Sehnsucht nach dem Ende der titellosen Zeiten allerdings genauso.
Die Sonnenbrille hat Vettel beim Verlassen der Teamunterkunft schnell wieder abgenommen. Er stellt sich den Fragen nach dem Zustand seines Rennstalls, seines Rennwagens und seiner selbst ohne Deckung. Einige Meter weiter plaudert unter einem schützenden Zelt sein großer Rivale Lewis Hamilton, gegen den er wie schon 2017 nach einer schlechten zweiten Saisonhälfte den Kampf um den Titel zu verlieren droht. Vettels Chanchen sind minimal, Hamilton ist fast am Ziel.
«Es gibt zwei Weltmeisterschaften», sagt Vettel. «Eine zwischen den Leuten, die hier arbeiten und die zweite für die von Außen.» Es gebe eine Fahrerlandschaft und eine Medienlandschaft, erklärt er weiter. «Die stimmen nicht immer überein. Manchmal zu Recht, manchmal vielleicht nicht.»
Dass das ein Teil des Formel-1-Geschäfts und seiner Popularität ist, weiß Vettel. Dass erst recht in einem so techniklastigen Sport das erstmalige Duell viermaliger Weltmeister in einer Saison die Fans fasziniert, dürfte ihm ebenfalls klar sein. «Ich will da auch nicht missverstanden werden», betont Vettel. Mediale Vorsicht ist oft ein Beifahrer in der Formel 1.
Selbst bei vier Siegen in den vier verbleibenden Rennen ist Vettel auf Schützenhilfe der Konkurrenz und Patzer seines britischen Mercedes-Konkurrenten angewiesen ist. Man wünscht sich gegenseitig aber nichts Böses. Die Achtung der beiden voreinander ist groß. «Sehr respektvoll», sei der Umgang, beteuert Vettel, der jüngst nach dem Japan-Rennen sogar Unterstützung von Hamilton erhalten hatte gegen die Kritik in den Medien.
«Es gab schon mehrere Male, da stand ich in der Schusslinie, und Seb war immer respektvoll und hat mich unterstützt», erklärt Hamilton in Austin und sprach mit Blick auf den WM-Kampf vom «intensivsten Jahr, das wir gehabt haben». Und daher werde auch jeder Schluckauf aufgebauscht, so wie es in anderen Sportarten an der Spitze ebenfalls passiere.
Vettels Absturz von der Spitze nach starken ersten Monaten in diesem Jahr ist aber keine Übertreibung, sondern Tatsache. Eigene Patzer wie der Verbremser in Aserbaidschan, der Startunfall in Frankreich, der Ausrutscher in Hockenheim, der Crash in der ersten Kurve in Monza und zuletzt der Fahrfehler in der Japan-Qualifikation trugen dazu dabei.
Ebenso wie die Nachlässigkeiten und Fehleinschätzungen des Teams in Shanghai, Barcelona und Budapest bei der Boxenstopp-Strategie, in Monza mit der Pole Position für Teamkollege Kimi Räikkönen in Vettels Windschatten, sowie in Singapur und Japan bei der falschen Reifenwahl. Macht unterm Strich kein makelloses Wochenende bei mindestens neun der bisher 17 Rennen. Gegen einen Hamilton in Titelform kann das nicht reichen, egal wie die interne Fehleranalyse ausfällt.
(dpa)