Modric ist Weltfußballer des Jahres vor Ronaldo und Salah

London – Ein Kuss für seine Frau und eine Umarmung mit FIFA-Boss Gianni Infantino: Luka Modric hat als großer Triumphator des WM-Jahres eine Weltfußballer-Ära beendet.

Nach je fünf Titeln für Cristiano Ronaldo und Lionel Messi wurde der kroatische Vize-Weltmeister als erster anderer Star seit 2007 mit der begehrtesten Einzelauszeichnung seiner Sportart geehrt.

Der 33-Jährige von Real Madrid, der in diesem Sommer schon zum besten Spieler der WM und zu Europas Fußballer des Jahres gekürt worden war, setzte sich bei der FIFA-Gala am Montagabend in London mit 29,05 Prozent der Stimmmen gegen den wieder einmal durch Abwesenheit glänzenden Portugiesen Cristiano Ronaldo (19,08 Prozent) und den Ägypter Mohamed Salah (11,23) durch.

«Das war eine unglaubliche Saison, die beste Saison in meinem Leben. Ich bin sehr stolz. Ich werde mich mein ganzes Leben daran erinnern», sagte Modric im FIFA-Interview schon vor der Entscheidung auf dem grünen Teppich. Seine WM-Künste übertrafen die 15 Treffer von Ronaldo auf dem Weg zum gemeinsamen dritten Königsklassen-Triumph in Serie.

«Dieser Erfolg soll auch eine Inspiration sein, für die kommende Generation, dass man mit harter Arbeit alles erreichen kann», sagte Modrid in seiner auf Englisch, Spanisch und Kroatisch gehaltenen Dankesrede. Ihn habe die Elf motiviert, die 1998 WM-Dritter geworden war.

In Kroatien wurde die Ehrung mit großer Freude kommentiert. «Die Welt verbeugt sich noch einmal vor dem kroatischen Maestro», schrieb das Zeitungsportal «Jutarnji list». Das Portal «Dnevnik» titelte: «Ein historischer Moment: Modiric zum weltbesten Fußballer gewählt» und die größte Zeitung des Landes «24sata» meinte: «Bravo, Kapitän!»

Messi, der den Titel in den vergangenen zehn Jahren mit Ronaldo unter sich ausgemacht hatte, schaffte es als Fünfter (9,81) erstmals seit 2006 nicht in die Top 3. Ein deutscher Spieler war nicht in den Top 10 nach dem Debakel bei der Weltmeisterschaft, die auch Ronaldo und Messi nicht wie gewünscht prägen konnten.

In vier der vergangenen fünf Jahre war Glamour-Fußballer Ronaldo mit der prestigeträchtigen Weltfußballer-Trophäe bedacht worden. Nun verpasste er wieder den Weltfußballer-Hattrick, der bislang nur Messi gelungen war. Dreieinhalb Wochen nach seiner Niederlage bei der Wahl von Europas Besten hätte Ronaldo auch in der Royal Festival Hall vor den Augen von Bundestrainer Joachim Löw und Nationalteammanager Oliver Bierhoff wieder nur Modric gratulieren können. Da blieb er der Ehrung seines langjährigen Mitspielers wie schon in Monaco fern. Aus terminlichen Gründen, wie sein neuer Club Juventus Turin verlauten ließ.

Nicht der Königsklassen-Supertorjäger Ronaldo oder der Premier-League-Torschützenkönig Salah vom FC Liverpool, der für das schönste Saisontor ausgezeichnet wurde, stehen an der Spitze der Einzelkönner im Weltfußball, sondern ein Mittelfeldstratege. «Modric lenkt das Spiel. Wenn er eine Entscheidung fällt, ist es die richtige Entscheidung», rühmte der Weltfußballer von 1992, der Niederländer Marco van Basten.

«Seele und Herz» eine Mannschaft seien Spieler wie Modric, urteilte der frühere brasilianische Weltmeistercoach Carlos Alberto Parreira. Für Bayern-Coach Niko Kovac ist die Ehrung des Landsmannes einfach «fantastisch».

Mit 31 und 33 Jahren ist die Zeit von Messi und Ronaldo noch nicht vorbei. Aber der Londoner Abend deutete an, dass eine neue Zeitrechnung beginnen könnte. Dann aber wohl auch ohne den ebenfalls schon 33-jährigen Modric.

Modric, dreimal nacheinander und insgesamt viermal Champions-League-Gewinner mit Real, hatte die Kroaten bei ihrem furiosen WM-Auftritt ins Endspiel geführt. Frankreich um den 19-Jährigen Kylian Mbappé, ein Kandidat für künftige Weltfußballer-Meriten, war dann beim 2:4 eine Nummer zu groß.

Didier Deschamps wurde als Coach der Franzosen zum Welttrainer des Jahres geehrt. Er setzte sich gegen Kroatiens Nationalcoach Zlatko Dalić und dem ehemaligen Real-Coach Zinedine Zidane durch.

«Die WM spielt natürlich eine wichtige Rolle bei der Wahl», sagte DFB-Kapitän Manuel Neuer. Überraschend schaffte es aber kein französischer Weltmeister unter die besten Drei. Mbappé, Antoine Griezmann und Raphaël Varane hatten es immerhin in die Top 10 geschafft. In der besten Elf des Jahres standen in Raphael Varane, N’Golo Kanté und Mbappe immerhin drei Weltmeister – aber kein einziger deutscher Profi.

Als einzige deutsche Nominierte bei der Ehrung der Weltfußballerin des Jahres in Großbritanniens Metropole verpasste Dzsenifer Marozsan (Olympique Lyon) beim sechsten Erfolg der Brasilianerin Marta (Orlando Pride) eine Überraschung. Welttorhüter wurde der Belgier Thibaut Courtois. Der frühere Profi von Werder Bremen und des FC St. Pauli, Lennart Thy, wurde für seinen Einsatz als Stammzellenspender für einen Krebspatienten mit dem Fairplay-Award ausgezeichnet.


(dpa)

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