Augsburg – Pfiffe von Fans, Tränen beim Trainer, Entsetzen in ganz Augsburg: Mit seinem fatalen Fehlgriff hat Fabian Giefer den FC Augsburg just vor dem Topspiel beim FC Bayern fußballerisch wie menschlich in die Bredouille gepatzt.
Nach der von ihm verschuldeten 2:3 (1:2)-Niederlage gegen Werder Bremen war der untröstliche Torwart schon längst wortlos vom Feld geflüchtet, als andere vergeblich nach Erklärungen für das zweite Pannenspiel des Schlussmanns innerhalb einer Woche suchten. «Das ist unglaublich», meinte Coach Manuel Baum und deutete Konsequenzen an, auch wenn ihn das sichtlich mitnahm: «Dass es so nicht weitergehen kann, das ist uns allen auch bewusst.»
Wie aufgewühlt der Trainer von der 75. Minute war, als Giefer eine harmlose Hereingabe durch Arme und Beine flutschen ließ und Bremens Davy Klaassen das Siegtor auflegte, zeigte sich im Sky-Interview nach dem Abpfiff. «Es ist leider im Berufsleben so, dass du denjenigen, der drin steht, nach dem Job beurteilen musst, da steht aber ein Mensch im Tor, um den es mir unglaublich leid tut», sagte Baum, stockte und hatte Tränen in den Augen. «Wir müssen ihn halt nach den Leistungen beurteilen, und das ist zweimal schlecht gewesen.»
Schon beim 1:2 in Mainz in der Vorwoche hatte der Torhüter beide Gegentreffer in der Schlussphase mit Fehlern begünstigt – der Fauxpas gegen Bremen war noch eklatanter. «Das war mit der ausschlaggebende Grund, warum wir in beiden Spielen nichts geholt haben», sagte Baum über den 28-Jährigen, der 2017 nach Augsburg gekommen war und nach einer Saison komplett ohne Einsatz nun auf den Durchbruch hoffte.
Fallen lassen wollen die Schwaben ihren Keeper freilich nicht. «Er hat unsere Unterstützung und daran wird sich auch nichts ändern», sagte Kapitän Daniel Baier, dessen Jubiläen mit der 250. Partie in der Bundesliga und dem 300. Pflichtspiel für den FCA ebenso in den Hintergrund gerieten wie der Blitz-Doppelpack von Max Kruse (34. Minute) und Maximilian Eggestein (36.) und die Augsburger Aufholjagd mit den Toren von Ja-Cheol Koo (45.+3) sowie Philipp Max (47.).
Just vor der schweren Derby-Reise nach München am Dienstagabend haben die Fuggerstädter ein lange kaum für möglich gehaltenes Problem: Hatte der FCA in der Vorsaison in Marwin Hitz, Andreas Luthe und Giefer drei potenzielle Bundesliga-Keeper zur Verfügung, so sieht es nun düster aus. Hitz wurde nach Dortmund abgegeben, Luthe ist verletzt, Giefer angezählt. Bleibt nur noch Regionalliga-Keeper Benjamin Leneis. Ein 19-Jähriger ohne Bundesliga-Partie ausgerechnet in der Allianz Arena? Für Stefan Reuter kein unmögliches Szenario! «Dann wird er ins kalte Wasser geworfen. Der hat in der Vorbereitung einen tollen Eindruck gemacht», sagte Augsburgs Geschäftsführer.
An das Gastspiel in München wollte Baum am Samstag noch nicht denken, dafür hatte ihn der Dämpfer gegen Bremen zu sehr mitgenommen. «Ich habe in meiner Laufbahn noch kein Spiel erlebt, das wir so ungerecht verloren haben», sagte er und unterstrich: «Mir tut es am meisten für die Mannschaft leid, weil wir extrem gut gespielt haben.» Aber viel Mut und 21:12 Torschüsse reichten nicht für den erhofften Heimsieg.
Neben der Chancenverwertung war Giefer an der Enttäuschung schuld, das wollte Baum nicht schönreden. Dass der Keeper sogar von vielen Fans auf den Tribünen ausgepfiffen wurde, konnte Baum auch verstehen. Als Fan wäre er ebenso geschockt gewesen «und wahrscheinlich hätte ich das in der Situation auch so kundgetan», sagte er.
Nun gilt es, den Schreck vor dem Bayern-Kracher zu verdauen. «Fehler sind menschlich, die passieren», sagte Verteidiger Max im «Aktuellen Sportstudio» des ZDF. Und Baier forderte: «Es bringt nichts, Spieler auszupfeifen. Auch wenn man enttäuscht ist, wünsche ich mir, dass wir zusammenhalten. Wir brauchen jeden einzelnen Fan und Spieler.»
(dpa)