Tryon – Mit einer saudischen Fahne in der Hand rannte einer der Helfer hinter Dalma Malhas her. Begeistert feierte der nicht mehr ganz junge Mann den Ritt der ersten Springreiterin aus Saudi-Arabien bei einer Reit-WM.
Die 26-Jährige ist bei dem globalen Championat in Tryon in den USA im besten Sinne eine Vorreiterin. «Es ist ein Traum, hier zu sein», sagte die junge Frau nach ihrem nicht sonderlich erfolgreichen Ritt auf Toscanini Malpic mit reichlich Strafpunkten. «Wir sind beide noch ein bisschen grün», kommentierte sie fast entschuldigend. Aber um Sport geht es in diesem Fall weniger, eher um ein Symbol.
Frauen und Saudi-Arabien – das ist ein sensibles und ein hoch politisches Thema. Von Gleichberechtigung ist der streng muslimischen Land noch weit entfernt, auch wenn Kronprinz Mohammed bin Salman Reformen in dem autokratisch regierten Königreich eingeleitet hat. So war es eine kleine Revolution, dass Frauen seit Juni Auto fahren dürfen. Andrerseits sitzen noch immer viele Frauen-Aktivistinnen in Haft.
«Es fühlt sich gut an, dass wir vorankommen», antwortete die junge Frau auf die Frage, welche Bedeutung ihr Start für die Frauen in ihrer Heimat habe. «Das ist eine Extra-Motivation für mich», sagte Dalma Malhas: «Ich bin stolz, für mein Land zu reiten.»
Ihr Land ist Saudi-Arabien. In dem sie aber nicht lebt. Im Alter von zwölf Jahren zog sie mit ihrer Mutter nach Italien, trainierte dort und zog später um. Bis 2011 ritt Dalma Malhas mit einem Pass der Weltverbandes FEI für Frankreich. Sie lebt jetzt in Chantilly, in der Nähe von Paris. «Ich arbeite mit Roger-Yves Bost zusammen, seit zwei Jahren schon.» Der Team-Olympiasieger sei «eine wundervolle Person – er ist ein echter Gentleman».
Nicht alle ihre Landsmänner gelten als Gentlemen. Mit ihr zusammen im Team geritten sind die Saudi-Springreiter auf jeden Fall noch nicht. Zwar war sie im Oktober 2017 im Nationenpreis von Marokko mit der Mannschaft angemeldet. Geritten ist sie aber nicht.
Malhas stand schon einmal im Fokus, weil sie 2010 bei den olympischen Jugendspielen in Singapur antrat und eine Bronzemedaille holte. Schon damals war ihr Start eine kleine sportpolitische Sensation.
Ob sie korrekte Kleidung trage, wurde sie in Tryon gefragt – unausgesprochen gemeint war wohl, ob sie nicht verschleiert reiten müsse. «Ich trage immer korrekte Kleidung», antwortete sie keck. «Wir tragen hier alle das Gleiche, ich folge den FEI-Regeln, so wie wir das alle tun.»
Warum es kein Team bei der WM gibt? Obwohl die Saudis durchaus schon erfolgreich waren und bei Olympia 2012 sogar Bronze gewannen? Und erfolgreiche Reiter haben, etwa Abdullah Sharbatly, den WM-Zweiten von 2010, oder den Olympia-Dritten von Sydney, Khaled Al Eid? «Das ist eine gute Frage», antwortete Dalma Malhas: «Das müssen sie die fragen.»
(dpa)