Fußball-Idol Maradona im Land der Drogenkartelle

Mexiko-Stadt – Ein übergroßes Porträt von Diego Maradona ist schon am Stadioneingang von Dorados de Sinaloa zu sehen. Als großer Hoffnungsträger wurde Argentiniens Fußball-Legende am Wochenende bei dem mexikanischen Zweitligisten empfangen.

«Das Ziel ist es, in die erste Liga aufzusteigen, das geht aber nicht ohne Opfer», sagte Maradona dem Sportsender ESPN bei der Ankunft in Culiacán, der Hauptstadt des Bundesstaates Sinaloa. Sein neuer Club twitterte euphorisch: «Der Chef ist angekommen.»

Sinaloa, im Nordwesten Mexikos, ist international vor allem wegen des berüchtigten Drogenkartells bekannt, das der gefürchtete Drogenbaron Joaquín «El Chapo» Guzmán bis zu seiner Auslieferung 2017 in die USA führte. «Wir wollen, dass über Culiacán und Sinaloa anders gesprochen wird», erklärte José Antonio Núñez, Präsident von Dorados. Der Verein leiste mit der Anheuerung Maradonas einen Beitrag hierzu. Bislang ist die Region vor allem für die Produktion von drei Dingen bekannt: Rindfleisch, Tomaten und Drogen.

«Das Sinaola-Kartell wird Maradona lieben, sie sind richtige Patrioten und wollen ihren Staat populärer machen», sagte der mexikanische Sicherheitsspezialist Alejandro Hope. Maradonas persönliche Drogen-Vergangenheit ist hinlänglich bekannt. 1991 wurde er wegen Kokain-Missbrauchs erstmals von der FIFA gesperrt, 2000 und 2004 musste er jeweils wegen Herzproblemen ins Krankenhaus eingeliefert werden. Kokain-Missbrauch soll der Grund dafür gewesen sein.

Maradona kehrt nun in das Land zurück, in dem er 1986 den Höhepunkt seiner Karriere erlebte. In Mexiko führte er Argentinien ins Finale gegen Deutschland (3:2) zum WM-Titel, wurde bester Spieler des Turniers und erzielte das irreguläre Tor im Viertelfinale gegen England. Die Situation wird noch heute als «Hand Gottes» bezeichnet.

Der 57-Jährige soll jetzt in Sinaloa für elf Monate verpflichtet worden sein, für insgesamt 1,6 Millionen Dollar (1,4 Mio. Euro), nach Angaben der Sportzeitung «Record». Experten wundern sich darüber, denn in der Vergangenheit wurden die Spieler des Vereins oft nicht bezahlt. Seinen Job als Ehrenpräsident von Dinamo Brest in Weißrussland soll Maradona indessen beibehalten, wie der Club mitteilte und auch der Argentinier bestätigte. Mit Bildern, die ihn in einem Panzerwagen bei der Fahrt zum Verein zeigten, sorgte Maradona Mitte Juli für viel Aufsehen. Ebenso spektakulär ist nun sein Engagement in Mexiko.

Maradona hatte bei der Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika als Coach die argentinische Nationalmannschaft betreut. Im Viertelfinale war gegen Deutschland Schluss. Bei der WM 2018 in Russland fiel die Ikone aus Südamerika dann als Pöbler auf der Tribüne auf, als er im letzten Gruppenspiel der Albiceleste mit ausgestreckten Mittelfingern wild gestikulierte. Anschließend musste er erschöpft in ein Krankenhaus eingeliefert werden. Zuvor war er Ende April als Trainer des Zweitligaclubs Fudschaira SC in den Vereinigten Arabischen Emiraten beurlaubt worden.

Bis zur Gründung des Dorados in 2003 war Fußball nur eine untergeordnete Sportart in Sinaloa. Dort herrscht Baseball, vertreten vor allem durch den zweifachen Karibik-Meister Tomateros de Culiacán. Durchschnittlich kommen doppelt so viel Fans zu den Tomateros wie zum kleineren Stadion von Dorados. Das soll mit Maradona anders werden.

Es ist allerdings nicht der erste Versuch von Dorados, sich hochzuspielen. Zwei Mal schaffte es der Verein vorübergehend in die höchste Liga, 2006 war auch der frühere Bayern-Trainer Pep Guardiola zum Abschluss seiner Spielerkarriere dabei. Der Verein wurde 2013 von der Unternehmensgruppe Caliente aufgekauft, der neben Spielcasinos und einer Pferderennbahn auch der Erstligist Tijuana gehört. «Es war sehr leicht», sagte Unternehmenschef Juanalberto Hank zu den Verhandlungen mit Maradona, «er sucht eine Gelegenheit, zu arbeiten, auf dem Spielfeld zu sein».

Wie weit der Sport in Sinaloa die Gewalttätigkeit der Drogenkartelle aus den Schlagzeilen verdrängen kann, ist fraglich. Der Sinaloa-Kartell liefert sich einen blutigen Machtkampf mit den Rivalen des Kartells Jalisco Nueva Generación. Im ersten Halbjahr 2018 sind in Sinaloa nach Angaben der Sicherheitsbehörden 976 Menschen ermordet worden. Ein Jahr zuvor sind es im gleichen Zeitraum sogar 220 Opfer mehr gewesen.


(dpa)

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