New York – Der Schweiß rann Roger Federer in Strömen herunter – am Ende einer schlimmen US-Open-Nacht entglitt dem Schweizer Tennis-Maestro wieder eine Chance auf den 21. Grand-Slam-Titel.
Und die Zeit läuft gegen den 37-jährigen Schweizer, der im Achtelfinale mit der feucht-warmen und stickigen Luft von New York ebenso kämpfte wie mit dem furchtlosen australischen Außenseiter John Millman.
«Alles ist nass. Das Hemd ist nass, die Hand ist nass. Das macht alles noch schwieriger», sagte Federer, als er eine Stunde nach dem frühesten Aus in New York seit fünf Jahren frisch geduscht im klimatisierten Inneren der Arthur-Ashe-Stadiums die schwere Niederlage Revue passieren ließ und endlich wieder frei atmen konnte.
Millmans großartige kämpferische Leistung wollte er nicht schmälern, zumal Federer Chancen hatte, aber zwei Satzbälle im zweiten Durchgang und einen weiteren im dritten nicht nutzen konnte. Auch einen 4:2-Vorsprung im vierten Satz konnte er nicht halten. «Es hat nicht geklappt, das ist schade, aber das gehört dazu», meinte der Baseler nach dem 6:3, 5:7, 6:7 (7:9), 6:7 (3:7) gegen den Weltranglisten-55., der den fest eingeplanten Viertelfinal-Klassiker zwischen Federer und Wimbledonsieger Novak Djokovic platzen ließ.
Federer war nahezu erleichtert, als er um kurz vor eins endlich das fast 24.000 Zuschauer fassende Stadion mit dem neu errichteten Dach verlassen durfte, in dem kein Luftzug wehte und es sich bei Temperaturen um 30 Grad eher wie einer Waschküche im Hauskeller anfühlte. «An einem gewissen Punkt war ich fast froh, als das Match vorüber war», sagte der fünfmalige US-Open-Champion, der zuletzt 2008 in Flushing Meadows triumphierte und dort zuvor alle 40 Vergleiche gegen Spieler von jenseits der Top 50 gewonnen hatte.
Federer war überzeugt, nicht wegen seines Alters solche körperlichen Probleme bekommen zu haben. Er habe schon bei heißeren Temperaturen trainiert – und er hatte sich vor dem Rasenturnier in Stuttgart dort einige Tage mit Millman eingestimmt, weil dieser eine Freundin in der baden-württembergischen Landeshauptstadt hat.
«Mir ist natürlich klar, dass Roger nicht seinen besten Tag hatte», sagte der auf dem Platz äußerst temperamentvolle, danach aber zurückhaltende Millman auch angesichts von 77 Fehlern der Nummer zwei der Welt. Auf großen Jubel nach dem Sieg gegen sein Idol verzichtete der 29-Jährige, dem die Bedingungen über dreieinhalb Stunden offenkundig weniger ausmachten als Federer.
Gegen Djokovic will er in seinem ersten Grand-Slam-Viertelfinale genauso mutig agieren, denn auch dieser hatte mit der zurückgekehrten feuchten Tropenhitze seine Probleme. «Warum nicht?», meinte Millman auf die Frage, ob er auch den 31-jährigen Serben schlagen könne, der nach seiner Ellbogenverletzung zuletzt in Wimbledon seinen nach eigenen Worten speziellsten Grand-Slam-Titel holte. Davor schlug er Millman auf Rasen beim Turnier in Queens klar.
Federer war in Wimbledon im Viertelfinale am späteren Finalisten Kevin Anderson gescheitert, die Sandplatzsaison mit den French Open hat er auch in diesem Jahr ausgelassen. Immerhin: Bei den Australian Open verteidigte er seinen Titel. Nach der Pleite gegen Millman hofft Federer nach einer Pause nun auf einen starken Herbst, über das nächste Jahr sprach er noch nicht.
Vielleicht nimmt Federer eine Erkenntnis von Djokovic nach dessen Achtelfinalsieg über den Portugiesen Joao Sousa mit. «Tennis ist nicht ausschlaggebend dafür, ob ich glücklich bin», sagte Djokovic, wie Federer ein Familienvater. «Es gibt Dinge, die Dich glücklich machen, auch wenn Du ein Tennismatch verloren hast.»
(dpa)