New York – Der einstige Lehrling ist längst die nationale Nummer eins, sein Vorgänger im reifen Alter diesmal der Herausforderer. Drei Jahre nach ihrem ersten Tennis-Duell bei den US Open treffen sich Alexander Zverev und Philipp Kohlschreiber in New York in der dritten Runde wieder.
«Das wird kein einfaches Match, das wird ein interessantes Match, das werden viele in Deutschland gucken», sagte Zverev vor der Partie, in der es um den Achtelfinal-Einzug geht. «Ich versuche, dem jungen Kerl einfach nochmal zu zeigen, dass auch so ein älterer Herr im Grand Slam nochmal alles gibt», versprach Kohlschreiber, auch wenn es bei ihm im Turnier noch nicht so gut läuft wie gewünscht. «Mein Coach sagt, ich bin ein bisschen bescheuert, ich bin zu negativ. Aber es fühlt sich noch nicht so an, wie ich’s gerne hätte», sagte er.
Der 34-Jährige war im vorigen Jahr zum vierten Mal in Flushing Meadows unter den letzten 16 dabei und wehrte sich dort nach Kräften gegen Roger Federer. Zverev will erstmals in New York in die zweite Woche. Der 21-Jährige ist natürlich längst nicht damit zufrieden, erstmals in der dritten Runde zu stehen. Das Viertelfinale der French Open ist sein bestes Ergebnis bei den vier Grand-Slam-Turnieren.
Der Hamburger geht als Weltranglisten-Vierter als Favorit in die Partie gegen die Nummer 34 der Welt. 2015 in der ersten Runde sah das anders aus: Da war Kohlschreiber der gesetzte Spieler und Zverev als Qualifikant der Außenseiter. Mit 6:4 im fünften Satz behielt der erfahrenere Augsburger auch wegen der damals noch besseren Physis die Oberhand in einem harten Hitze-Match. Er wusste aber, dass ihn der fast zwei Meter große Zverev schon bald überflügeln würde.
«Er hat sich monster entwickelt», stellte Kohlschreiber nun fest und sieht Zverev als den besseren Spieler, dem er bestenfalls mit seiner Erfahrung, seiner immer noch exzellenten Fitness sowie taktischen und vielleicht auch mentalen Mitteln beikommen kann. Der Begriff Grand-Slam-Komplex erschien Kohlschreiber zwar zu stark, aber ein bisschen verunsichern und zum Nachdenken bringen möchte er den Kollegen aus dem Davis-Cup-Team schon. Und auch Luft nach oben im spielerischen Bereich sieht der deutsche Altmeister noch.
Zverev bescheinigt dem mehrere Köpfe kleineren Bayer, für seine Größe einen sehr guten Aufschlag zu haben und sehr variabel spielen zu können. «Er ist Top 30 seit zehn Jahren. Er weiß, wie man Tennis spielt», sagte Zverev. Kohlschreiber hat das oft genug auf den ganz großen Plätzen gegen die ganz Großen der Branche gezeigt, auch wenn ihm der Durchbruch unter die besten Zehn versagt blieb.
Im direkten Vergleich zwischen beiden steht es bislang 2:2. Vor der ersten US-Open-Begegnung konnte Kohlschreiber 2015 schon beim Turnier in München auf Sand gewinnen. Dieses Jahr siegte dort Zverev im Endspiel glatt, ebenso wie 2017 auf Rasen in Halle.
Er sei ein Junge, der sich super gemacht habe, befand Kohlschreiber und warb trotz der extrem hohen Erwartungen um Geduld. Zverev habe alle Zeit der Welt, um noch viel zu gewinnen. Allerdings bitte nicht am Samstag, auch wenn ihn nun der ehemalige Weltranglisten-Erste Ivan Lendl trainiert. «Was für ihn vielleicht Früchte trägt nach dem Turnier – oder nach meiner Runde», scherzte Kohlschreiber schelmisch.
(dpa)