Spa-Francorchamps – Lewis Hamilton fühlt sich plötzlich etwas hilflos. Im hochspannenden WM-Duell mit Sebastian Vettel fleht der Formel-1-Spitzenreiter nach der verlorenen Kraftprobe von Spa-Francorchamps um mehr Dampf für seinen Silberpfeil.
«Ich kann nicht immer Wunder vollbringen», sagt Hamilton und nimmt sein Mercedes-Team in die Pflicht: «Wir müssen einfach härter arbeiten.» Ausgerechnet vor dem Ferrari-Heimspiel auf dem Vollgas-Kurs in Monza spürt der Titelverteidiger ein erstaunliches Tempo-Defizit gegen Vettels roten PS-Protz.
Sein deutscher Dauerrivale vernimmt die Sorgen des Weltmeisters mit Vergnügen. «Es freut uns, dass wir die ärgern können. Wir müssen so weitermachen», sagt Vettel. Nach den Dämpfern von Hockenheim und Budapest, als der eigentlich schnellere Hesse im Regen die Siege an Hamilton verlor, ist seine Titel-Mission zurück in der Spur. «Wir haben ein gutes Auto, das inzwischen überall funktioniert», sagt der 31-Jährige voller Vorfreude auf die verbleibenden acht Rennen.
Auf 17 Punkte hat er seinen Rückstand auf Hamilton reduziert. Nach Monza und Singapur reist Vettel als Favorit und will so bald wie möglich den sechsten Führungswechsel in diesem WM-Jahr erzwingen. Der Schlüssel dafür könnte die dritte Motoren-Ausbaustufe sein, die Vettel in Belgien unwiderstehlich vorbei an Hamilton zum Sieg trieb. «Wir haben den Motor bis an die Grenze aufgedreht, und sie sind einfach davongezogen. Das wirkt nach und ist echt hart», sagt Hamilton.
Auch Mercedes-Teamchef Toto Wolff konnte seinen Frust nicht verbergen. «Wir sind nicht da, wo wir sein wollen. Ich sehe nicht viel Positives», sagt der Österreicher. Einen weiteren Motorenjoker hat Mercedes wie auch Ferrari nicht. Beim Einbau eines weiteren neuen Triebwerks müsste Hamilton zur Strafe vom Ende des Feldes starten.
Mehr denn je fragt sich das Mercedes-Lager, wo Ferrari die zusätzlichen PS gefunden hat. Hamilton spricht sogar von «Tricks» und meint: «Sie haben irgendwas am Auto, das wir nicht haben.» Einen Regelbruch will der 33-Jährige der Scuderia aber dann doch nicht unterstellen. «Trick ist einfach etwas, das dir zusätzliche Leistung bringt», erklärt Hamilton. Spekuliert wird etwa über die Wirkung des von Ferrari verwendeten neuen Spezial-Benzins.
Vettel nimmt dieses Geplänkel amüsiert zur Kenntnis. «Das ist Lob von höchster Stelle. In den letzten fünf Jahren haben die Leute nichts anderes getan, als den Mercedes-Motor zu loben», sagt der Hesse. Tatsächlich scheint Vettel mit Ferrari dem Wachwechsel in der Formel 1 näher als je zuvor. Seit Beginn der Ära der Hybridmotoren 2014 hat Mercedes alle WM-Titel abgeräumt, vor allem dank seines überlegenen Motors. Doch im Spätsommer 2018 ist Ferrari das Maß der Dinge.
Darauf haben die Tifosi in Monza lange warten müssen. In den vergangenen vier Jahren startete Hamilton im Königlichen Park immer von der Pole Position und fuhr dreimal zum Sieg. Für den letzten Ferrari-Heimerfolg sorgte Fernando Alonso 2010. Die Geduldsprobe soll diesmal enden. «Ferrari holt die ganze Kavallerie heraus», ahnt die spanische Zeitung «El Pais».
(dpa)