Miami/München – Karl-Heinz Rummenigge beendete die USA-Reise des FC Bayern im Angriffsmodus.
Ein Champions-League-Sieg «in naher Zukunft» steht ganz oben auf dem Wunschzettel des Vorstandsbosses, um den deutschen Fußball-Rekordmeister im globalen Wettbewerb mit finanzstarken Topclubs wie Real Madrid, Paris Saint-Germain oder Manchester City in der Spitze halten zu können.
«Auf dieser Reise hat man einmal mehr festgestellt, welchen Stellenwert die Champions League international hat. Wir wollen uns nicht verstecken. Wir werden versuchen anzugreifen», sagte der 62-Jährige. In den vergangenen fünf Jahren scheiterte der FC Bayern viermal im Halbfinale.
Mit der Formulierung «großer Ziele» in allen drei Wettbewerben und «insbesondere der Champions League» erhöhte Rummenigge zwangsläufig den Druck auf Niko Kovac. Dem neuen Trainer, «ein frischer Bursche, der den Job modern und innovativ interpretiert», versicherte er die «totale Unterstützung» des Clubs. «Alle sind happy mit ihm.»
Total in die Pflicht nimmt Rummenigge die Nationalspieler, die in dieser Woche zum Team stoßen. Von Thomas Müller, Mats Hummels und Kollegen erwartet er «in diesem Jahr Vollgas». Denn sie würden doch bestimmt «die Scharte von Russland vergessen machen wollen».
Auch Kovac verspricht sich nach den Niederlagen in Amerika gegen Juventus Turin (0:2) und Manchester City (2:3) einen Leistungsschub mit den WM-Teilnehmern um Manuel Neuer, den er im «Kicker» als Kapitän bestätigte. Müller bleibt Neuers Stellvertreter. «Dann steigt die Qualität sicherlich noch mehr», sagte Kovac zum nun bis auf Weltmeister Corentin Tolisso (Urlaub) kompletten Kader.
Am Donnerstag geht es für eine Woche ins Trainingslager an den Tegernsee. «Jetzt kommen wir in die finale Präparation der Liga», betonte Rummenigge. Beim Personal soll sich noch etwas tun. Jérôme Boateng bleibt ein Wechselkandidat. Zudem sollen noch ein oder zwei Mittelfeldspieler abgegeben werden, «damit der Trainer dort nicht in irgendeinen Stress kommt», wie es Rummenigge formulierte.
Noch vor der Rückkehr nach München am Montagvormittag zeichnete der Bayern-Chef in Miami ein düsteres Zukunftsbild der Bundesliga, sofern sich gewisse Dinge nicht ändern. «Wir müssen ein bisschen aufpassen. Die Bundesliga ist ein gutes Produkt, aber es ist entscheidend, wie wir uns international präsentieren.» Rummenigge fürchtet um die Wettbewerbsfähigkeit, die gerade für den FC Bayern elementar ist. Der Rekordmeister ist global unterwegs, dort lauert die große Konkurrenz.
Das «Rumgeeiere» um die 50+1-Regel, die in Deutschland der Öffnung für Investoren im Wege stehe, prangerte Rummenigge scharf an. Er sprach von «Populismus», kritisierte DFL und DFB: «Keiner will den Schwarzen Peter in der Hand haben, wir haben den Markt freigegeben.»
Alle in Deutschland hätten Angst, «dass man an Konkurrenzfähigkeit verliert, wenn man sich dem Markt öffnet». Doch das Gegenteil wäre der Fall, glaubt Rummenigge: «In Spanien, England, Italien und Frankreich werden diese Dinge anders gehandhabt. Entweder wir gehen diesen Weg mit, oder wir werden irgendwann alle eine Zeche zahlen.»
Der 62-Jährige plädiert dafür, dass jeder Verein frei entscheiden kann. «Es gibt Clubs wie Hannover, die sich öffnen wollen, frisches Kapital in den Club bringen und damit auch in die Qualität der Mannschaft investieren möchten. Warum sollte man das verhindern?» In Bayer Leverkusen, VfL Wolfsburg, 1899 Hoffenheim und RB Leipzig gebe es schon Sonderfälle. «Diese vier Clubs spielen schon nicht mehr unter gleichen Bedingungen wie die anderen 14», sagte Rummenigge.
Nach der «schwarzen Stunde» der Nationalmannschaft bei der WM müsse die Bundesliga zudem gerade jetzt in Champions League und Europa League «Flagge zeigen» und angreifen. Zur Stärkung der Marke Bundesliga würde sich Rummenigge sogar wünschen, dass der FC Bayern nicht jedes Jahr mit klarem Vorsprung deutscher Meister wird.
«Fußball ist Emotion. Und ich bin über jeden Club glücklich, der uns unter Druck setzt.» Allen voran Borussia Dortmund traut er eine bessere Rolle zu als vergangene Saison. «Vielleicht kommen Clubs wie Leverkusen und Leipzig dazu und machen uns das Leben schwer. Wir sind interessiert an einer emotionalen Bundesligaspitze.»
(dpa)