Moskau – Der schmächtige Kerl nahm betrübt den Goldenen Ball entgegen und musste sich von Kroatiens Staatspräsidentin Kolinda Grabar-Kitarovic trösten lassen.
Über die Auszeichnung als bester Spieler der Fußball-WM konnte sich Luka Modric nach dem verlorenen Finale gegen Frankreich gar nicht freuen. «Ich denke, wir hatten mehr verdient, aber nicht immer gewinnt das beste Team», sagte Modric.
Wie kein anderer hatte der Kapitän das Spiel seiner Mannschaft bei dieser Weltmeisterschaft geprägt – und auf ganz andere Weise als ein Cristiano Ronaldo, Neymar oder Lionel Messi. Als genialer Passgeber, als Dreh- und Angelpunkt, als lauffreudiger Ballklauer und Charakterkopf. «Er hat ein fantastisches Turnier gespielt, er hat diese Auszeichnung absolut verdient», sagte Kroatiens Trainer Zlatko Dalic.
Aber am Ende verließ Modric die große Moskauer Bühne mit trauriger Miene. Für ihn wird es vielleicht nicht die letzte Auszeichnung sein in diesem Jahr. Am 24. September krönt die FIFA in London den Weltfußballer, und der Kroate könnte die zehn Jahre andauernde Vormachtstellung von Messi und Ronaldo beenden. Modric kommt dann nicht nur mit der Empfehlung eines WM-Zweiten, sondern auch als Champions-League-Sieger mit Real Madrid.
Aber auch abseits des Rasens wird es spannend, wie es mit Modric weitergeht. Aus dem Zugriff der kroatischen Justiz wird er sich möglicherweise nicht so leicht befreien können wie aus einem Pulk von Gegenspielern. In Osijek standen in einem Korruptionsprozess die Brüder Zoran und Zdravko Mamic vor Gericht, letzterer langjähriger Präsident von Serienmeister Dinamo Zagreb, Vizechef des nationalen Fußball-Verbandes und Modric-Berater. Sie sollen 17 Millionen Euro aus Transfers veruntreut haben und erhielten mehrjährige Haftstrafen.
Modric war als Zeuge in dem Prozess verhört worden. Jetzt hat der Profi ein Verfahren wegen Falschaussage am Hals, auch ihm droht eine Gefängnisstrafe. Als der Superstar während der WM bei einer Pressekonferenz darauf angesprochen wurde, reagierte er unwirsch: «Wie lange haben Sie darauf gewartet, diese Frage zu stellen? Das hier ist eine WM, nur darum geht es!»
Modric hatte vor dem Turnier mit seinem Auftreten beim Mamic-Prozess viel Ansehen bei den Fans verloren. In Russland überstrahlte dann der Siegeszug einer Mannschaft vieles. Alle Welt staunte über diesen schmächtigen Spielmacher, der inmitten eines hochathletischen Fußballs glänzte und ähnlich wie der schmale Spanier Andrés Iniesta als Weltmeister 2010 in Südafrika der beste Beweis dafür ist, dass es im Endeffekt eben doch oft auf eines ankommt: Was man mit dem Ball anfangen kann.
Wie sich Modric mit nur 1,72 Metern Körpergröße durchgesetzt habe? Einen Tag vor dem großen Finale wurde ihm diese Frage mal wieder gestellt. «Ich kann nur sagen, dass ich nie an mir gezweifelt habe. Du musst kein Riese sein, um Fußball zu spielen.»
(dpa)