St. Petersburg – Tausende Fans feierten auf der Champs-Élysées in Paris, die Spieler tanzten glücklich über den Platz: 20 Jahre nach dem Heim-Triumph greift Frankreich erneut nach dem WM-Titel.
Durch den 1:0 (0:0)-Sieg im WM-Halbfinale gegen Belgien steht die Équipe Tricolore nach 1998 und 2006 zum dritten Mal in einem WM-Endspiel. Es ist nach dem verlorenen EM-Finale 2016 Frankreichs zweite Titel-Chance innerhalb von zwei Jahren. Gegner am Sonntag in Moskau ist England oder Kroatien. Belgien bleibt nach einer offensiv enttäuschenden Vorstellung wie schon 1986 nur das Spiel um Platz drei. Die Schlaglichter des ersten WM-Halbfinals in St. Petersburg:
MEISTERCOACH: Zwei Jahre nach dem verlorenen EM-Finale steht Didier Deschamps mit seinen Franzosen erneut im Endspiel. Er ist der erste Nationalcoach Frankreichs, dem das gelingt. Mit einem Sieg am Sonntag wäre der 49-Jährige nach Franz Beckenbauer und Mario Zagallo der dritte Fußballer, der als Trainer und Spieler Weltmeister wurde. Über den Triumph von 1998 will Deschamps aber nicht so gerne sprechen. «Man muss mit der Zeit gehen. Meine Spieler waren vielleicht noch nicht geboren, aber sie haben Fotos gesehen», sagte er. «Ich will mit ihnen eine neue Seite der Geschichte schreiben, eine schöne Seite.»
BAYERN-GARANTIE: Gegen Belgien wurde er zwar erst in der Schlussphase eingewechselt, in Frankreichs Corentin Tolisso steht aber auch ein Spieler des FC Bayern im WM-Endspiel am Sonntag. Gemeinsam mit Benjamin Pavard vom VfB Stuttgart greift Tolisso nach dem Titel. Damit hält auch eine Münchner Serie: Seit 1982 war in jedem Finale mindestens ein Akteur des deutschen Rekordmeisters vertreten.
DEFENSIVE KLASSE: 1998 trafen auf dem Weg zu Frankreichs erstem WM-Titel die Verteidiger Bixente Lizarazu, Laurent Blanc und Lilian Thuram, 2018 gehören die Defensivspezialisten Benjamin Pavard, Raphaël Varane und Samuel Umtiti zu den Torschützen. Der Kopfball des 24-jährigen Umtiti nach einer Ecke (51. Minute) machte im Halbfinale den Unterschied. «Mir haben viele gesagt, der Wille ist entscheidend», sagte der Barcelona-Profi zum entscheidenden Zweikampf gegen den einige Zentimeter größeren Marouane Fellaini.
EWIGER GEHEIMFAVORIT: Zum zweiten Mal nach 1986 stand Belgien in einem WM-Halbfinale, aber wieder einmal reichte es nicht zum ganz großen Coup. «Ich bin so stolz auf die Spieler, sie haben alles gegeben», sagte Trainer Roberto Martínez, der vor allem mit der Defensivleistung seines Teams zufrieden war. Mit dem Gegentor nach einer Ecke haderte der Spanier jedoch: «Es war eine unglückliche Situation, ein Unterschied von einem Zentimeter», urteilte er.
ABGETAUCHT: Allein Kapitän Eden Hazard erreichte in der belgischen Offensive Normalform. Der gegen Brasilien noch überragende Kevin De Bruyne enttäuschte auf ganzer Linie. Kritisieren wollte Martínez seine Spieler dennoch nicht. «Die Leistung des Teams war sehr gut», sagte der 44-Jährige, gab aber zu: «Die Enttäuschung ist sehr groß, wir wollten das Turnier gewinnen.» Im Spiel um Platz drei am Samstag haben die Belgier die Chance auf einen versöhnlichen Abschluss.
(dpa)