McLaren kämpft um seine Formel-1-Zukunft

Silverstone – Im Fahrerlager der Formel 1 in Silverstone hatte McLaren-Direktor Zak Brown zum Pressetermin gebeten. Und was der US-Amerikaner zu sagen hatte, war nichts anderes als ein sportlicher Offenbarungseid für einen der erfolgreichsten Rennställe in der Geschichte der Königsklasse.

Die Struktur des Teams sei falsch, das Auto sei schlechter als 2017, stellte der 46-Jährige fest. «Diese Situation ist nicht über Nacht entstanden, und sie wird nicht über Nacht gelöst werden. Wie lange es dauert? Zwei Jahre, zehn Jahre, eher irgendetwas dazwischen», stellte Brown fest. Letzter Ausdruck der Krise: Renndirektor Eric Boullier gab mehr oder weniger freiwillig seinen Rücktritt bekannt – vier Tage vor dem Heimrennen am Sonntag auf der britischen Motorsport-Kultstätte.

Wie lange Brown noch Zeit hat, das Team wieder zurück zu alter Stärke zu führen, ist offen. Der Rennstall ist ein Teil der McLaren-Group, einer Unternehmensgruppe, die unter anderen auch Steuerungsgeräte für Motoren und Sportwagen herstellt. Die finanzstarken Besitzer aus Bahrain und Saudi-Arabien wollen von der Formel-1-Abteilung allmählich Ergebnisse sehen.

Über Jahre hatte McLaren die Formel 1 mitbestimmt. Seit 1966 ist das Team dabei. Legenden wie Ayrton Senna, Niki Lauda, Mika Häkkinen oder Alain Prost fuhren für den Rennstall. Zwölf Fahrertitel und acht Konstrukteurs-Weltmeisterschaften holte das Team. Nur Ferrari war erfolgreicher. Doch der letzte McLaren-Titel durch Lewis Hamilton ist schon zehn Jahre her. Der letzte Grand-Prix-Sieg gelang im November 2012 in Brasilien durch den Briten Jenson Button.

Der Niedergang begann, als der langjährige Chef Ron Dennis 2009 zum ersten Mal ging. Nach einem kurzen und erfolglosen Comeback zog er sich 2016 ganz aus dem Unternehmen zurück.

Die Vergangenheit war glänzend, die Gegenwart ist trüb, die Zukunft ungewiss: Die drei Top-Teams Mercedes, Ferrari und Red Bull sind enteilt. In der Teamwertung liegt McLaren in diesem Jahr nach zehn Rennen mit ihrem neuen Motorpartner Renault immerhin auf Platz fünf, im vergangenen Jahr wurde der Rennstall nur Vorletzter. Damals noch mit Honda im Heck. Die unglückliche Zusammenarbeit endete nach drei Jahren.

Auch der zweimalige Weltmeister Fernando Alonso hat die Hoffnungen auf Besserung nicht gebracht. Der 36-jährige Spanier gilt noch immer als einer der besten Fahrer im Feld und als starker Mann im Team – auch wenn er das bestreitet. «Wir wurden informiert, nicht gefragt», sagte Alonso zur Trennung von Boullier. «Ich bin nur der Rennfahrer und fahre das Auto.»

Ihm selbst werden schon seit längerem Abschiedsgedanken unterstellt. Längst strebt er andere Motorsportziele an wie den Sieg bei den Indy 500. Vor drei Wochen gewann er die 24 Stunden von Le Mans.

Zudem sei die Stimmung im Team «vergiftet», hieß es zuletzt. Die kolportierte Geschichte über einen Schokoriegel «Freddo» als Bonus für die Mitarbeiter sorgte für weitere Unruhe. All das wurde Boullier nun zum Verhängnis.

Ob McLaren wie Williams – dem zweiten privaten britischen Rennstall im Niedergang – langfristig mit den Werksteams von Mercedes und Ferrari mithalten kann, ist fraglich. Red Bull wird im kommenden Jahr statt mit Renault-Motoren mit Honda-Aggregaten fahren und von dem japanischen Hersteller eine ähnlich große Unterstützung erhalten wie ihre Top-Konkurrenten erhalten.

Boullier ist nicht der erste und er wird nicht der letzte sein, der die Fabrik in Woking verlassen muss. Das kündigte Brown in Silverstone schon einmal an. Er will mehr Leute von außen holen. «Wir müssen unsere Strukturen ändern. Wir haben viele gute Leute, die ihr Talent nicht zeigen können», sagte er. «Die Entscheidungswege sind zu lang. Die Kommunikation intern hakt.» Sein Zustandsbericht zum Team war an Deutlichkeit nicht zu überbieten.


(dpa)

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