Moskau – Sie gelten als «Heinzelmännchen der Fußball-WM», ohne die das Turnier in Russland wohl kaum so gut funktionieren würde. Einer der deutschen Freiwilligen ist Hubert Bihler aus Dunningen bei Rottweil (Baden-Württemberg).
Für den 72-Jährigen ist es der 42. Einsatz bei einem Großereignis seit 2005. Er schwärmt von seiner Aufgabe: «Da ist ein Funke, der in mir glüht, wenn ich an die Veranstaltungen denke.» Mehr als 15.000 Helfer kümmern sich neben dem Deutschen hinter den Kulissen des Weltsportereignisses um Athleten, Politiker und Gäste.
Als der Mann mit dem weißen Bart 2005 in Rente ging, legte der ehemalige Mathe- und Sportlehrer los. Als Presse-Volunteer betreute er Medien etwa bei der Fußball-WM 2010 in Südafrika, dem Eurovision Song Contest 2011 in Düsseldorf und bei Olympia 2014 in Sotschi. «Das Wichtigste ist nicht, was auf dem Platz oder auf der Bühne geschieht, sondern das Arbeiten mit internationalen Volunteers. Diese Treffen sind das Salz in der Suppe. Da sind Freundschaften entstanden», sagt Bihler. Im bunten WM-Outfit steht er im Moskauer Luschniki-Stadion.
Bihler ist einer von 88 sogenannten Medien-Freiwilligen in der Arena, in der am 15. Juli das WM-Finale steigt. Er betreut Journalisten aus aller Welt. «Klar kommt es schonmal zu Gereiztheiten, aber das ist ein verschwindend geringer Teil.» Als einer der wenigen Freiwilligen kann er das Turnier, das als Prestigeprojekt von Kremlchef Wladimir Putin gilt, mit anderen Weltsportereignissen vergleichen. «Was mich stört, ist dieser riesige Sicherheitsaufwand, die vielen Polizisten überall. Das ist schon ein negativer Punkt in meinen Augen. Aber sonst ist jeder hier in einer Hochstimmung.»
Wie andere WM-Helfer arbeitet er mehrere Tage die Woche, und in der Freizeit schaut sich Bihler Land und Leute an. Erst vor wenigen Tagen besuchte er das berühmte Dreifaltigkeitskloster in Sergijew-Possad rund 70 Kilometer nordöstlich von Moskau. «Ein überragender Komplex», schwärmt der frühere Fußballtrainer. Und was sagt er zur Kritik auch deutscher Politiker an «Putins Turnier»? Bihler wiegt den Kopf hin und her. «Das Wichtigste für mich ist, dass Sport die Menschen zusammenbringt – jenseits der Politik», sagt er.
Um in Russland dabei zu sein, hat er sich mit einem Online-Formular beworben. Die Anreise müssen die Freiwilligen selbst zahlen. An ihrem Einsatzort erhalten die Helfer Kleidung, Unterkunft und Verpflegung sowie kleine Geschenke. «Zuletzt gab es einen WM-Schlüsselanhänger», erzählt Bihler. Volunteers seien vorwiegend Studenten, die mit Sport oder Kommunikationswissenschaft zu tun hätten. «Leute aus dem aktiven Arbeitsleben sind kaum dabei, die können sich den Aufwand von sechs freien Wochen einfach nicht leisten.»
Die Arbeit mit jungen Menschen halte ihn fit. «Wir Alten bringen die Erfahrung, und die Jungen bringen die Power und die neuen Ideen», sagt Bihler und lacht. Mehr als 40 Einsätze in 13 Jahren – wann ist Schluss? «Auf traumhafte Weise hat mir meine Frau diese Freiheiten gelassen», erzählt Bihler. «Und mit ihr werde ich den Abschluss feiern.» Im August betreue er Fotografen bei der Leichtathletik-EM in Berlin, dann sei Feierabend. «Mit meiner Frau zelebrieren wir das Ende meiner Volunteer-Laufbahn», sagt er mit fester Stimme. Ganz sicher? «Nun, wenn man mich irgendwo dringend brauchen würde…»
(dpa)