London – Tatjana Maria ist Serena Williams einen Erfolg voraus. Die 30-jährige Schwäbin hat einen Tennis-Titel als Mutter gewonnen, es ist auf der WTA-Tour allerdings ihr einziger.
Serena Williams‘ Töchterchen kam vor gut zehn Monaten zur Welt. Charlotte, die Tochter von Tatjana Maria, ist vier und tourt mit von Turnier zu Turnier. Wie jetzt in Wimbledon, nachdem sie vor einer guten Woche auf Mallorca sah, wie ihre Mutter ihren Premieren-Titel feierte. «Wichtig für mich ist, es zu genießen. Solange wir zusammen reisen und es meiner Tochter gut geht, ist das das Allerwichtigste», sagte Tatjana Maria.
Wichtiger als die Fortschritte in ihrer Karriere, die sie am Montagabend in einem der letzten Matches des Eröffnungstags des Grand-Slam-Turniers zu einem kaum erwartbaren Erfolg führten und ihr an diesem Mittwoch gegen die Französin Kristina Mladenovic die Chance auf die dritte Runde bescherten. Das 7:6 (7:3), 4:6, 6:1 gegen die Weltranglisten-Fünfte Jelina Switolina fühle sich «sehr gut» an, sagte Tatjana Maria nach einer Dusche und Massage.
Noch nie hatte die Weltranglisten-57. eine Spielerin aus den Top Fünf der Welt bezwungen. Das Medieninteresse wuchs, selbst die «New York Times» fragte ein Interview an. Der Coup im Match gegen Switolina ist eine schöne Geschichte, bei der Charlotte allerdings nicht zuschauen durfte. «Das Problem ist, dass es hier unter fünf Jahren nicht erlaubt ist, auf den Platz zu kommen», sagte Tatjana Maria. Da die Kinderbetreuung vor dem Match-Ende schloss, musste ein Verwandter mit der Vierjährigen draußen warten.
Was Maria auf dem drittgrößten Platz der berühmten Tennis-Anlage des All England Clubs im Südwesten Londons half, waren die Erfahrungen von Mallorca. Und ihr unkonventioneller, unangenehmer Spielstil. Die 30-Jährige, früher unter ihrem Mädchennamen Malek bekannt, nervt Gegnerinnen mit ihren unterschnittenen Schlägen. Nicht nur mit der Rückhand, sondern auch mit der Vorhand. Die flach abspringenden Slice-Bälle sind auf Gras besonders gefährlich.
Schon bevor sie den Platz betrete, spüre sie Frust der Gegnerin, schilderte Tatjana Maria: «Ich weiß, dass Spieler mein Spiel einfach nicht mögen. Es ist einfach anders. Das ist mir auf Mallorca klar geworden.» Und noch etwas habe sich durch den Titelgewinn schnell verändert. Ihr werde mehr Respekt entgegengebracht, die anderen Spielerinnen würden sie anders wahrnehmen.
Vor diesem Turniersieg war ihre Saison wenig erfolgreich verlaufen. Ein Höhepunkt war der Fed Cup. Eine stark ersatzgeschwächte Mannschaft führte die 30-Jährige zum Viertelfinal-Erfolg und bekam von Teamchef Jens Gerlach das Lob, «es wahnsinnig gut gemacht» zu haben.
Wie wichtig es ist, das Leben zu genießen, weiß Tatjana Maria auch, weil sie schon Schicksalsschläge hinter sich hat. Vor zehn Jahren hatten Ärzte bei ihr eine Thrombose am Bein entdeckt. Ohne es zu wissen, schwebte sie einige Zeit in Lebensgefahr, weil nach einer Lungenembolie der Herzstillstand drohte. Danach folgten Operationen und eine Zwangspause vom Tennis. Noch heute nimmt sie Medikamente.
Ende 2008 starb ihr Vater, der sie stets zu den Turnieren begleitete, ihre Karriere hing am seidenen Faden. «Ohne meinen Mann Charles hätte ich das wahrscheinlich nicht durchgestanden», gibt sie heute zu. Charles Edouard Maria ist seit Jahren ihr Coach.
(dpa)