3:2-Thriller über Japan: Auch Belgien im WM-Viertelfinale

Rostow am Don – Nach dem Hollywood-reifen Ende eines begeisternden Fußball-Spektakels sanken Belgiens Rote Teufel vor Erschöpfung auf den Rasen, ehe sie sich von ihren Fans für den Einzug ins WM-Viertelfinale gegen Rekord-Champion Brasilien feiern ließen.

Trotz eines Zwei-Tore-Rückstandes hat sich der Geheimfavorit von Japans Blauen Samurai nicht in die Knie zwingen lassen und träumt nach einem Wahnsinns-Comeback weiter vom großen WM-Coup.

Beim 3:2 (0:0)-Sieg erlöste Nacer Chadli vor 41.466 Zuschauern die Belgier mit seinem Tor in der vierten Minute der Nachspielzeit. Zuvor hatten Jan Vertonghen (69.) und Marouane Fellaini (74.) Japans überraschende 2:0-Führung durch Genki Haraguchi vom Bundesligisten Hannover 96 (48.) und den Ex-Frankfurter Takashi Inui (52.) ausgeglichen.

Am Ende reichte es für die Asiaten aber auch im dritten Anlauf wie 2002 und 2010 nicht zum erstmaligen Einzug in die Runde der besten acht, die Belgien zum dritten Mal nach 1986 und 2014 erreicht hat. Nebenbei bauten die Roten Teufel, denen nun alles zuzuztrauen ist, ihre stolze Serie auf 23 Länderspiele ohne Niederlage aus.

«Im Fußball gibt es immer schwierige Momente. Ich habe auch nach dem 0:2 immer an unsere Chance geglaubt. Dass wir in der 94. Minute das 3:2 gemacht haben, zeigt, was die Mannschaft will», sagte der Ex-Wolfsburger Kevin De Bruyne. Und betonte unmissverständlich: «Wir wollen diese WM gewinnen.» Japans Coach Akira Nishino reagierte natürlich enttäuscht auf den Last-Minute-K.o. «Wir wollten gewinnen und hatten die Chance dazu. Wir wollten den Siegtreffer. Solch einen Konter hatten wir nicht erwartet. Das hat das Spiel entschieden.»

Beide Mannschaften lieferten sich von Beginn an einen flotten Fight, bei dem sich jedoch zunächst kaum zwingende Chancen ergaben. Das lag vor allem daran, dass die mit fünf Bundesliga-Profis in der Startelf angetretenen Japaner mir einem Pressing oft schon an der Mittellinie die gefürchtete Wucht der belgischen Angriffe eingrenzen konnten. Bis zum ersten Aufreger, als Romelu Lukaku freistehend eine Flanke von Dries Mertens nicht unter Kontrolle bekam, dauerte es 25 Minuten.

Allmählich kamen die Roten Teufel, bei denen Ex-HSV-Profi Vincent Kompany nach auskurierten Leistenproblemen erstmals bei dieser WM in der Startelf stand und auch alle gegen England (1:0) geschonten Asse zurückkehrten, aber auf Touren. Der starke Eden Hazard zwang Torwart Eiji Kawashima zur ersten Parade (27.), dann scheiterte Kompany (28.) und Axel Witsel jagte den Ball aus der Distanz über das Tor (36.).

Beim klaren Favoriten mangelte es gegen die verbissen kämpfenden Blauen Samurai weiter an der letzten Konsequenz. Die Japaner kamen vor der Pause nur einmal in Tornähe. Aber es wurde gefährlich, weil eine harmlos anmutende Hereingabe vom Kölner Yuya Osako verlängert wurde. Der verblüffte Keeper Thibaut Courtois ließ den Ball durch die Beine rutschen, verhinderte aber im Nachfassen Schlimmeres (44.).

Nach dem Wechsel war Belgiens Schlussmann aber machtlos. Nach einem Ballverlust des Gegners schloss der künftige Hannoveraner Haraguchi den Klassekonter mit einem Schuss ins lange Eck ab. Belgiens direkte Antwort war ein Hazard-Schuss an den Pfosten (49.). Doch die Asiaten hielten voll dagegen: Dortmunds Shinji Kagawa passte auf Inui weiter, der mit einem satten Rechtsschuss den Vorsprung ausbaute. Beim ersten Gegentreffer sah Vertonghen, beim zweiten Kompany nicht gut aus.

Man konnte fast den Eindruck haben, der hohe Favorit hätte den krassen Außenseiter unterschätzt. Aber die Belgier gaben sich längst noch nicht geschlagen, sondern schlugen zurück und boiten nun ein Spektakel: Lukakus erste Kopfballchance hätte fast den Anschluss gebracht (61.). Der gelang dem aufgerückten Vertonghen mit einer Kopfball-Bogenlampe. Im hochklassigen und spannenden Schlagabtausch war Fellaini nur neun Minuten nach seiner Einwechslung zum 2:2 zur Stelle. Der ebenfalls als Joker gebrachte Chadli drehte dann in nahezu letzter Sekunde das Match total.


(dpa)

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