Lohnt das Baukindergeld?

Berlin – In kaum einem anderen europäischen Land wohnen so wenige Menschen in den eigenen vier Wänden wie in Deutschland. Das von der Bundesregierung geplante Baukindergeld soll nun mehr Familien zum Eigenheim verhelfen. Unter Fachleuten ist die Förderung umstritten. Was sollten Familien beachten?

Der Plan der Bundesregierung sieht vor, dass Familien mit einem Jahreseinkommen bis maximal 75.000 Euro den Zuschuss erhalten. Pro Kind werden 15.000 Euro hinzugerechnet. Eine Familie mit einem Kind dürfte also über ein zu versteuerndes Jahreseinkommen von 90.000 Euro verfügen, um Baukindergeld zu erhalten. Bei zwei Kindern sind es 105.000 Euro, bei drei Kindern 120.000 Euro.

Gezahlt wird das Baukindergeld zehn Jahre lang. Das entspricht der üblichen Laufzeit eines Hypothekenkredits – mit dem Unterschied, dass das Baukindergeld nicht zurückgezahlt werden muss. Je Kind und Jahr erhalten Familien 1200 Euro. Über zehn Jahre summiert sich der Betrag bei einem Kind auf immerhin 12.000 Euro, die Eltern in die Finanzierung ihrer Immobilie einrechnen können. Bei zwei Kindern bekommen Eltern 24.000 Euro, bei drei Kindern 36.000 Euro.

Wichtig: Die Kinder müssen unter 18 sein und zu Hause wohnen. Nach dem Einzug in die selbst genutzte Immobilie muss dafür eine Meldebestätigung vorgelegt werden. Die Antragsdauer ist zeitlich befristet – rückwirkend vom 1. Januar 2018 bis Ende 2020.

Florian Becker, Geschäftsführer des Bauherren-Schutzbund (BSB), findet die Idee zwar grundsätzlich gut. Jetzt aber nur zu bauen oder zu kaufen, weil es die Förderung gibt, sei keine gute Idee. «Die Entscheidung für die eigene Immobilie ist eine Grundsatzentscheidung und hängt von vielen Faktoren ab.» Durch die befristete Antragsfrist sollte sich niemand unter Druck setzen lassen.

Max Herbst von der FMH-Finanzberatung hat vor allem Familien mit einem Einkommen deutlich unter der 75 000-Euro-Grenze im Blick. Ihnen falle es bereits schwer, die hohen Mieten in der Stadt aufzubringen, der Zuschuss für ein Eigenheim stelle in der Situation keine Lösung dar. «Wer knapp bei Kasse ist, kann sich trotz Baukindergeld kein Haus in der Stadt leisten», sagt er. Raus aufs billigere Land zu ziehen, sei keine Alternative. Das Pendeln zu Arbeitsplatz und Schule in der Stadt mache finanzielle Vorteile zunichte. Anders könnte es aussehen bei Familien, die bereits im Grünen zur Miete wohnen und in der vertrauten Umgebung günstig Grund und Boden kaufen können.

Wer mit dem Geld vom Staat den Plan vom Wohneigentum verwirklichen will, sollte die Mittel effektiv einsetzen. Eine Variante wäre, sie als Sondertilgung einzusetzen. Herbst kann sich auch vorstellen, ein größeres und ein kleineres Darlehen abzuschließen. Das kleinere wird so ausgelegt, dass es bei Ablauf der Förderung nach zehn Jahren komplett getilgt ist. Das reduziert die Belastung.

Wenn die 12.000 Euro pro Kind ausschließlich in ein einziges großes Darlehen fließen, bestehe nach zehn Jahren eine hohe Restschuld. Gestiegene Zinsen plus null Zuschuss könnten dann jedoch die Raten der Anschlussfinanzierung nach oben treiben. Bauherren kämen in die Klemme, so Herbst. Ein Faktor, der ebenfalls zu bedenken sei: Die Bau- und Immobilienpreise könnten klettern und die Förderung auffressen, falls wegen des Baukindergelds die Nachfrage anziehe.

Das Baukindergeld wird über die staatliche
KfW-Bank abgewickelt. Familien werden ihren Antrag dann vermutlich über den Baufinanzierer stellen müssen, wie es auch bei anderen Förderprogrammen üblich ist. Die KfW hat für das Baukindergeld eine Informationsseite im Internet eingerichtet. Sie weist ausdrücklich darauf hin, dass derzeit noch keine Anträge gestellt werden können.

Dass Kreditinstitute sich aus Angst um ihr eigenes Geschäft gegen Anträge sperren, hält BSB-Mann Becker für unwahrscheinlich. «Dazu sind die Summen zu überschaubar.» Die Bundesregierung hat für das Baukindergeld und weitere Maßnahmen knapp zwei Milliarden Euro eingeplant. Zum Größenvergleich: Die deutschen Banken haben nach Angaben der
Bundesbank 1,18 Billiarden Euro an privaten Wohnungsbaukrediten in ihren Büchern (Stand April 2018).

Dennoch gilt grundsätzlich für Käufer und Bauherren: Der Traum vom Eigenheim ist nach wie vor nur mit ausreichend Eigenkapital zu verwirklichen. «Ganz ohne eigenes Geld ist solide Baufinanzierung nicht gewährleistet», sagt Becker.


(dpa/tmn)

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