Sotschi – Das Abschlusstraining der Kollegen beobachtete Mats Hummels traurig von der Bank aus. Nach einer Trainingsverletzung des Innenverteidigers muss Joachim Löw für das K.o.-Duell gegen Schweden ohne die Münchner Führungskraft planen.
«Er wird sehr wahrscheinlich nicht spielen können. Er hat sich am Donnerstag einen Halswirbel verrenkt, konnte in keine Kopfballduelle gehen», berichtete Löw von der geheimen Einheit am Vortag. «Natürlich haben wir noch ein bisschen Zeit. Aber in der Regel ist es so bei solchen Geschichten, dass die Dinge über Nacht nicht unbedingt besser werden.»
Er brauche gesunde Spieler, die gegen die körperlich robusten Schweden in den Luftkampf gehen könnten, betonte der Bundestrainer. In der noch leeren Fischt-Arena wechselte Löw am Freitag noch ein paar Worte mit dem verletzten Weltmeister. «Ich denke eher, dass es keinen Sinn macht bei ihm. Ansonsten habe ich meine Gedanken und meinen Plan für morgen», erklärte Löw. Alternativ-Kandidat Nummer eins ist Hummels‘ Bayern-Kollege Niklas Süle.
Der 22-Jährige bewährte sich in der abgelaufenen Saison wiederholt – auch auf Spitzenniveau. Im Champions-League-Halbfinale war er beim Aus der Münchner gegen Real Madrid als Ersatz des verletzten Jérôme Boateng einer der besten Münchner auf dem Platz, behauptete sich stark gegen Superstar Cristiano Ronaldo. An der Seite von Boateng soll Süle jetzt dafür sorgen, dass die DFB-Defensive am Samstag besser hält als gegen Mexiko. Eine andere Option wäre Chelsea-Profi Antonio Rüdiger.
Mit seinen 1,95 Metern Größe und seinen 97 Kilogramm ist der vor der Saison für 20 Millionen Euro von 1899 Hoffenheim zu den Münchnern gewechselte Süle prädestiniert für das Spiel gegen die körperlich starken Schweden. Das bislang letzte seiner elf Länderspiele bestritt der Confed-Cup-Gewinner beim 2:1 gegen Saudi-Arabien, war dort erste Backup-Wahl in der Innenverteidigung für Löw.
Die spielerischen Fähigkeiten von Hummels im Aufbau kann Süle nicht aufweisen. Aber bei seinen 41-Bayernspielen in Pokal, Bundesliga und Champions League überzeugte der 22-Jährige wie auch schon in der DFB-Auswahl. Als Backup hinter den Weltmeistern Boateng und Hummels ist der Olympia-Zweite bei den Bayern gereift. Jetzt will er sein Können auch bei der Nervenprobe gegen die Skandinavier unter Beweis stellen.
Hummels hatte sich gerade nach dem wilden 0:1 gegen Mexiko besonders viel gegen die Schweden vorgenommen. Zusammen mit Boateng war der frühere Dortmunder in der deutschen Defensive im Moskauer Luschniki-Stadion oft auf sich alleine gestellt und hatte danach die Fehler im kollektiven Verteidigungsverhalten klar angesprochen.
Der Weltmeister fühlte sich danach missverstanden, weil seine Worte nach dem Fehlstart auf vielfältige Art interpretiert wurden. «Ich habe über inhaltliche Dinge gesprochen und es wird immer so getan, als würde ich irgendwelche Leute beleidigen», konterte der 29-Jährige in Sotschi die öffentlichen Bewertungen seiner Defensiv-Appelle an die Mannschaft. «Ich habe keine Lust mehr, für harmlose Sachen so in die Kritik genommen zu werden. Deswegen belasse ich es oberflächlich: Wir müssen es besser machen.»
Hummels ist seit Jahren ein Leistungsträger in DFB-Auswahl und Verein. Die Saison 2017/18 sollte eine ganz große in der Karriere des Weltmeisters werden. Doch nach dem verlorenen Pokalfinale gegen Frankfurt und dem Champions-League-Aus gegen Real Madrid droht die Spielzeit aktuell wieder «nur» ein weiteres Meisterjahr zu werden.
Nun muss er zuschauen, ob die Teamkollegen den drohenden WM-K.o. abwenden. «Wir dürfen uns nicht noch so ein Spiel erlauben, egal wie lange das Turnier noch geht», sagte er vor dem Schweden-Kracher. «Je früher wir uns noch so ein Spiel erlauben, desto eher fahren wir nach Hause», sagte der 65-malige Nationalspieler.
(dpa)