Nischni Nowgorod – Megastolz, enorm zuversichtlich, aber nicht übermütig: Zum WM-Favoritenkreis will Torschütze Ante Rebic Kroatiens Nationalmannschaft nicht zählen. Noch nicht.
«Es ist zu früh, um darüber zu reden», sagte Eintracht Frankfurts Stürmer. Doch in der Heimat sind nach dem beeindruckenden 3:0-Sieg über Argentinien mit Superstar Lionel Messi die Hoffnungen weiter gestiegen, den glorreichen WM-Auftritt von 1998 toppen zu können. Vor 20 Jahren erreichte Kroatien durch einen 3:0-Sieg über das DFB-Team das Halbfinale. «Es ist definitiv klar: Diese Generation ist bereit für die höchsten Ziele», schrieb die Zeitung «Novi List». «Wir müssen ruhig und demütig bleiben», betonte indes Trainer Zlatko Dalic.
Gegen Island im letzten Gruppenspiel will er viele Spieler schonen, mit zwei Siegen ohne ein einziges Gegentor steht Kroatien in der Gruppe mit Argentinien, Island und Nigeria bereits als Achtelfinalist fest. «Ich hätte nicht gedacht, dass wir nach dem zweiten Spiel durch wären», sagte Dalic.
Es war ein Sieg des Willens und der Disziplin, gepaart mit der Extra-Klasse seiner Spieler. Luka Modric, Torschütze zum 2:0 – Man of the Match. Der quirlige Mann von Real Madrid gewann das Duell der Spielmacher mit Barcelonas Messi um Längen. Ivan Rakitic, Messis Vereinskollege, machte mit seinem Tor in der Nachspielzeit die Demütigung für den wie immer hoch gehandelten Gegner aus Südamerika perfekt. «Argentinien war nicht konfus, wir waren exzellent. Wir müssen glücklich sein, denn wir haben vieles richtig gemacht», bilanzierte Dalic.
So nüchtern konnten die kroatischen Medien diesen Sieg nicht bewerten. Dort herrschte genau das, wovor die Spieler warnten: überbordende Euphorie. «Adios Leo Messi! Kroatien reißt Argentinien in Stücke», schrieb «24Sata». «Wir haben die Gauchos zertrümmert… Das ist historisch», meinte «Jutarnji List».
Als perfekte Maßnahme erwies sich, dass Coach Dalic Hoffenheims Andrej Kramaric aus der Startelf nahm und dafür Marcelo Brozovic brachte: Brozovic neutralisierte Messi. «Er hat es großartig gemacht», lobte der Kroaten-Coach. Dass dieser Abend in der himmelblau-weißen Arena an der Wolga zum Fest für die Fans in ihren rot-weiß karierten Trikots wurde, war trotzdem erstmal nicht zu erahnen. Erst der Treffer von Rebic leitete den kroatischen Freudentaumel ein.
Er nutzte den slapstickreifen Patzer von Argentiniens 36 Jahre altem WM-Torwart-Debütanten Wilfredo Caballero mit einem spektakulären Direktschuss. «Ich hab‘ den Ball gesehen und es nicht zu kompliziert machen wollen», sagte Rebic: «Ich hab nicht nachgedacht, nur voll abgezogen.» Man habe Caballero gezwungen, Fehler zu machen, «und Ante hat großartig reagiert», lobte Coach Dalic.
Dass nun nach dem bereits Erreichten keiner seiner nur noch 22 Spieler überreagiert, dafür wird er auch sorgen. Ausnahmen werden nicht geduldet, deswegen wurde Angreifer Nikola Kalinic wenige Tage vor der Partie gegen Argentinien aus dem Kader geworfen und nach Hause geschickt. Er hatte sich geweigert, beim 2:0-Auftaktsieg gegen Nigeria eingewechselt zu werden.
Die anderen Akteure präsentierten sich als Einheit. Und Dalic ist sich sicher, dass seine Mannschaft vor allem mit ihrem in der zweiten Halbzeit berauschenden Auftritt gegen Argentinien nicht nur in der Heimat für Begeisterung gesorgt hat. «Wer auch immer das Spiel und uns gesehen hat, muss demnächst für Kroatien sein», meinte er.
(dpa)