Chemnitz – Die Tage nach ihrem Sensationserfolg am 8. Oktober 2017 in Montreal wird Pauline Schäfer wohl nie vergessen. «So viel Trubel um meine Wenigkeit. Das war unfassbar», erinnert sich die erste deutsche Turn-Weltmeisterin seit 1987 an ihren bislang größten Erfolg am Schwebebalken.
Nun steht für die 21-Jährige am Samstag nach acht Monaten ohne Wettkampf die erste Bewährungsprobe der neuen Saison an. Beim Heimspiel in Chemnitz geht es um die Tickets für die Europameisterschaften Anfang August.
Ihrem Überraschungscoup im Olympiastadion von Montreal waren Wochen mit Feierlichkeiten und Talk-Show-Auftritten gefolgt – für die ruhige Saarländerin ein völlig ungewohntes Gefühl. «Stern-TV war so richtig cool und auch das ZDF-Sportstudio, wo sonst fast nur Fußballer zu sehen sind, war ein echtes Erlebnis», sagte die Schwebalken-Queen der Deutschen Presse-Agentur vor ihrem Comeback.
Nach der WM war daher im Training ein bisschen Kürzertreten angesagt, zumal Rückenprobleme ihre ständigen Begleiter sind. «Jede Turnerin weiß, dass sie bis zum Ende ihrer Karriere immer irgendwelche Probleme haben wird. Aber bei mir sind diese nicht kritisch. Medizinisch ist alles abgeklärt, so dass ich ohne Bedenken die Höhepunkte der Saison angehen kann», berichtete Schäfer. «Wenn man seinen Körper gut kennt, weiß man, was man sich zumuten kann. Ich habe ja auch ohne Wettkämpfe voll weiter trainiert.»
In Chemnitz wird die gebürtige Saarländerin bei ihrem Comeback alle vier Geräte in Angriff nehmen können. Die Qualifikation für die EM in Glasgow vom 1. bis 4. August scheint reine Formsache zu sein. Doch Schäfer will ihre Super-Übung von Montreal noch weiter perfektionieren. Bis zur WM in Doha (25. Oktober bis 3. November) will sie ihre Show auf dem nur zehn Zentimeter breiten Balken mit Rückwärts-Strecksalto um weitere vier Zehntelpunkte aufwerten. «Pauline ist gut drauf. Ich bin zuversichtlich, dass sie sich stark präsentieren wird», sagte Heimtrainerin Gabi Frehse.
Druck macht sich Pauline Schäfer auch mit dem WM-Titel nicht. «Ich will immer so gut wie möglich sein. Aber ich sage nicht: Jetzt bist Du Weltmeisterin, jetzt musst Du Dich noch 10 000 Mal beweisen.» Ihr Ehrgeiz ist aber auch außerhalb der Turnhalle spürbar. Im Jahr ihres Titelgewinns bewältigte sie an jeweils drei Tagen pro Woche an der Abendschule das Einführungsjahr als Vorstufe zum Abitur.
(dpa)