Moskau – Nach dem verpatzten Auftakt in seine womöglich letzte Fußball-WM drosch Lionel Messi den Ball enttäuscht in die Luft und riss sich frustriert die Kapitänsbinde vom Arm. Nach einigem Durchatmen beruhigte er die besorgten argentinischen Gemüter aber.
«Wir dürfen uns jetzt nicht verrückt machen», sagte Messi. Der Superstar der Albiceleste gab aber auch zu: «Es tut mir weh, den Elfer verschossen zu haben.»
Der Strafstoß des Kapitäns und eine insgesamt nicht titeltaugliche Leistung der Argentinier sorgten gegen den wackeren WM-Neuling Island für ein enttäuschendes 1:1 (1:1). Zu wenig, denn gegen Kroatien stehen die Südamerikaner am kommenden Donnerstag schon unter Siegzwang. «Es herrscht Frust bei uns», räumte Trainer Jorge Sampaoli ein, die tätowierten Arme verschränkt. «Das ist eine harte Gruppe», betonte er. Tags zuvor hatte er sich noch deutlich selbtbewusster gegeben.
Die zwölfte unterschiedliche Aufstellung im zwölften Spiel unter seiner Führung brachte aber nicht den erhofften Erfolg. Sergio Agüero brachte Argentinien in der 19. Minute zwar in Führung. Bundesliga-Legionär Alfred Finnbogason nutzte die eklatanten Defensiv-Unzulänglichkeiten der Südamerikaner aber schon vier Minuten später zum Ausgleich. «Unser Plan hat fast perfekt funktioniert. Das ist eine Art Meilenstein für uns», meinte Islands Trainer Heimir Hallgrímsson.
Messi hätte den Plan zerstören können. Alles im Spiel der Argentinier ist auf den fünfmaligen Weltfußballer ausgerichtet. Und Messi zeigte, dass er wollte. Er forderte die Bälle und übernahm auch in dieser 64. Minute die Verantwortung. Doch die Nerven spielten nicht mit. Messi verschoss bereits den vierten der vergangenen sieben Elfmeter – übergreifend im Verein und für die Nationalmannschaft. Er scheiterte mit seinem schwachen Schuss halbhoch am überragenden Hannes Thór Halldórsson im Tor der Isländer. Der Großteil der Zuschauer in himmelblau und weiß unter den 44 190 Besucher wollte es nicht glauben.
«Dem besten Spieler der Welt bei einem Elfmeter zu begegnen, ist ein großer Moment. Es ist ein Traum, der wahr wird. Besonders, weil es uns geholfen hat, diesen wichtigen Punkt zu gewinnen», sagte der Keeper des WM-Debütanten. «Es ist immer schwer gegen uns – auch für Weltklassespieler. Insgesamt ist das ein verdienter Punkt», betonte Finnbogason vom FC Augsburg. Aus seinem Stolz über das erste WM-Tor für das kleine Island machte er keinen Hehl: «Davon habe ich als kleiner Junge geträumt.»
Für Messi kann die WM im schlimmsten Fall zum Alptraum werden. Es könnte sein, dass er zwei Tage nach seinem 31. Geburtstag gegen Nigeria ums Erreichen der K.o.-Runde bangen muss. Er ist sich aber sicher: Vorher wird er mit dem zweimaligen Weltmeister Kroatien schlagen.
Allerdings muss sich die Mannschaft gehörig steigern. Nach den Dauerwechseln unter Sampaoli suchte die Elf zunächst nach Sicherheit, passte sich artig die Bälle zu. Gefährlich wurde es nur, wenn das Spielgerät bei Messi landete. Der aber wurde von den Isländern geschickt in seinem Wirken eingeschränkt. Zwei, drei, auch mal vier der Hünen von der Insel umgaben Messi oft.
Mit dem Selbstvertrauen, dass sich die Isländer bei der EM 2016 in Frankreich als Überraschungsteam schon geholt hatten, wirkten sie nicht wie ein Neuling. Taktisch hoch diszipliniert hielten sie an ihrem Plan fest, ließen sich auch durch Finnbogasons Ausgleich nicht euphorisieren und verführen. Bei den Argentiniern traten dagegen die Probleme offen zutage: Keeper Wilfredo Caballero konnte wie befürchtet keinen Rückhalt geben. Er absolvierte mit 36 Jahren beim vierten Länderspiel sein WM-Debüt. Und Messi alleine konnte es diesmal auch nicht richten.
(dpa)