London – Ein großes Forscherteam hat 111 neue Erbgutstellen entdeckt, die für Haarfarben verantwortlich sind. Bislang seien erst 13 bekannt gewesen, jetzt 124, schreiben die Genetiker aus sieben Ländern im Journal «Nature Genetics».
Insgesamt hatten die Forscher Daten von rund 300 000 Menschen analysiert. Sie stammen je etwa zur Hälfte von der US-amerikanischen Firma 23andMe, bei der Privatkunden ihr Erbgut untersuchen lassen können, und von der britischen Biobank (UKBB).
«Wir fanden, dass Frauen signifikant hellere Haare haben als Männer», sagte einer der beiden Studienleiter, Timothy Spector vom King’s College London. Das zeige, welche Bedeutung die kulturellen und sexuellen Vorlieben für unsere Gene und unsere Biologie haben. Der Studie zufolge gibt es mehr Frauen mit hellen Haaren als Männer. Allerdings hatten die Teilnehmer ihre natürliche Haarfarbe als Erwachsener jeweils selbst angegeben. Da zwei frühere, rein auf Messungen basierende Studien zu ähnlichen Ergebnissen gekommen waren, schlussfolgern die Wissenschaftler, dass es tatsächlich einen biologischen Zusammenhang zwischen Haarfarbe und Geschlecht gibt, der eine evolutionäre Ursache hat.
Bis zu 97 Prozent der Variation in der Haarfarbe seien erblich, schreiben die Wissenschaftler mit Verweis auf frühere Zwillingsstudien. Dabei ist die Genetik nicht für alle Haarfarben gleich: Aus Studien weiß man, dass rote Haare einzigartige genetische Faktoren zur Grundlage haben. Nur wenige Prozent der Haarfarbe werden nicht durch genetische Faktoren, etwa durch Umwelt oder Alter bestimmt, erläutert der zweite Studienleiter, Manfred Kayser von der Erasmus Universität Rotterdam.
Insgesamt könnten die nun entdeckten Gene je nach Haarfarbe 25 bis 35 Prozent der Erblichkeit erklären, schreiben die Forscher. Die Studie zeigt auch, dass es noch viele weitere Gene für die Haarfarbe geben muss. In Zukunft können die neuen Erkenntnisse nach Angaben der Forscher genutzt werden, um die Genauigkeit, mit der die Haarfarbe aus Tatortspuren ermittelt wird, weiter zu erhöhen. Sie könnten auch zur Entwicklung von Therapien gegen Pigmentstörungen dienen und gegen anderen Erkrankungen, die von Pigmentierung beeinflusst werden, wie bestimmte Formen von Hautkrebs.
Bereits 2013 hatte Kayser einen DNA-Test zur Haarfarbe veröffentlicht, der nach seinen Angaben inzwischen auch in der forensischen Fallarbeit zum Beispiel in den Niederlanden eingesetzt wird. Er hilft dabei, unbekannte Straftäter, die mittels herkömmlicher forensischer DNA-Profilanalyse allein nicht identifizierbar sind, ausfindig zu machen.
Kayser: «Wir konnten im direkten Vergleich zeigen, dass die genetische Information der neu entdeckten zusammen mit den bisher bekannten Genen die Genauigkeit von Haarfarbenbestimmung aus DNA signifikant erhöht. Das ist die wissenschaftliche Grundlage, um in der Zukunft noch aussagekräftigere DNA-Tests für Haarfarbe zur forensischen Anwendung zu entwickeln.»
(dpa)