Lyon – Es wäre ein nahezu perfekter Abgang. Zwei Treffer als Abschiedsgeschenk, 3:0-Sieg gegen Olympique Marseille im Europa-League-Finale, erster großer Titel der Karriere.
So lief die wahrscheinlich letzte große Vorstellung von Antoine Griezmann für Atlético Madrid. Nicht einmal sein Trainer Diego Simeone wäre ihm jetzt noch böse, sollte er im Sommer tatsächlich zum schwer interessierten FC Barcelona wechseln.
«Wenn er uns verlässt, ist das okay, weil er so viel für den Club gegeben hat», sagte der argentinische Coach nach dem Titelgewinn in Lyon. Griezmann dagegen wirkte im Anschluss an den bisher größten Sieg seiner Karriere gewohnt phlegmatisch, antwortete knapp und noch knapper auf Fragen zu seiner Zukunft: «Ich will die Gegenwart genießen.» Simeone weiß, dass sein Jahr für Jahr umworbener Superstar diesmal wirklich gehen könnte. Denn spätestens jetzt wird Griezmann sich fragen: Was kann ich mit Atlético noch gewinnen?
Geht es nach Simeone, könnte das noch einiges sein: «Sportlich sind wir nicht so weit weg von den Teams, die tiefer in die Tasche greifen können.» Tatsächlich stand Atlético nun zum fünften Mal innerhalb von acht Jahren in einem europäischen Finale und hatte 2014 und 2016 nur äußerst knapp gegen den großen Rivalen Real den Champions-League-Sieg verpasst. Aber er wurde eben zweimal verpasst.
Auch den Gewinn der spanischen Meisterschaft machen seit Griezmanns Wechsel nach Madrid 2014 Real und eben Barça unter sich aus. Der 27-jährige Franzose zählt auch bei Atlético zu den besten Stürmern der Welt. Große Titel seien daher sein Ziel, «seit ich mit 14 Jahren meine Heimat verlassen habe», sagte er nach dem Finale. Der allergrößte Titel für einen Vereinsfußballer ist die Champions League. Die Chance, diesen an der Seite von Lionel Messi mit dem FC Barcelona zu gewinnen, scheint tatsächlich etwas größer.
Griezmann wirkte müde, als er mal wieder auf die Wechselgerüchte angesprochen wurde. «Es ist jetzt nicht die Zeit, um über meine Zukunft zu reden», meinte der kleine Franzose. Am Sonntag muss Atlético noch einmal in der Liga gegen Eibar antreten. Ein Unentschieden reicht den Rojiblancos, um vor Real die Vizemeisterschaft perfekt zu machen. Vielleicht läuft Griezmann dann zum letzten Mal im rot-weißen Trikot auf.
Eine Legende des Clubs wird dagegen nach dem Abpfiff ganz sicher verabschiedet. Fernando Torres bestreitet am Sonntag das letzte Spiel für seinen Herzensclub. Der Stürmer sieht zwar auch mit 34 Jahren noch ein wenig aus wie «El Niño», der kleine Junge mit den sanften Gesichtszügen, der 2001 in der zweiten spanischen Liga sein Debüt für Atlético gegeben hatte. Aber nach dieser Saison ist in Madrid Schluss. Auch für ihn könnte es keinen schöneren Abschied geben. «Dieses Glück ist nur schwer zu beschreiben. Ein Traum ist wahr geworden», sagte Torres mit Blick auf den Europa-League-Titel zum Abschluss.
Dabei hatte er schon zuvor alles gewonnen und zum Teil auch noch mehrfach: Champions League mit dem FC Chelsea 2012, zweifacher Europameister mit Spanien, Weltmeister, zweifacher Europa-League-Sieger und so weiter. Von einer solchen Vitrine träumt auch Antoine Griezmann. Und er weiß, dass auch Torres für einige solcher Titel Atlético 2007 hatte verlassen müssen.
(dpa)