Löws deutliche WM-Signale – Bierhoff: «Wir starten bei Null»

Düsseldorf – Großer Kader, deutliche Signale, klare Ansagen: Mit dem Start der deutschen Fußball-Nationalmannschaft ins WM-Jahr streicht Joachim Löw die Vergangenheit. Für den Weltmeistercoach zählen in den Tagen bis zum ersten Gruppenspiel in Russland nur noch die aktuellen Leistungen.

«Ich möchte sehen, mit welcher Leidenschaft wir zu Werke gehen, wie unsere Vorgaben umgesetzt werden», sagte der Bundestrainer vor dem Treffpunkt am 20. März in Düsseldorf zu den großen Testspielen gegen Spanien und Brasilien. Der 58 Jahre alte Löw sieht die Partien am 23. März sowie vier Tage darauf in Berlin als willkommene «Härtetests auf Augenhöhe und genau die richtigen Gradmesser».

Von den 23 Akteuren, die 2014 in Rio de Janeiro den vierten WM-Titel für Deutschland errungen hatten, sind aktuell nur noch acht dabei. Dafür setzt Löw gleich auf 17 Akteure der neuen Generation vom überraschenden Confed-Cup-Sieg im Vorjahr. Den WM-Endspieltorschützen Mario Götze hat der DFB-Chefcoach wegen mangelnder Form derzeit aussortiert. Auch die Weltmeister André Schürrle und Shkodran Mustafi fehlen – alte Verdienste zählen nicht mehr. Verletzungs-Pechvogel Marco Reus, im Moment schon wieder angeschlagen, muss nach seinem Comeback beim BVB auf die Rückkehr ins Nationalteam weiter warten.

«Wir starten bei Null», verkündete Teammanager Oliver Bierhoff vor dem Treffen der 26 eingeladenen Nationalspieler. Der 49-Jährige schickte mit Blick auf das WM-Turnier eine klare Warnung an die WM-Kandidaten voraus: «Wenn wir erfolgreich sein wollen, dürfen wir kein Prozent nachlassen und vermissen lassen.» Das Team dürfe sich zwar vor seiner Rolle als Mitfavorit nicht verstecken. «Aber die Schlussfolgerung: Wir dominieren schon die Welt mit der jüngeren Confed-Cup-Mannschaft, was soll uns da noch aufhalten?», sei fatal: «Den Fehler dürfen wir nicht machen», mahnte Bierhoff: «Es gibt andere starke Mannschaften, die eine hohe Motivation haben.»

Löw treibt der Ehrgeiz, als erster Bundestrainer, der einen WM-Titel verteidigen konnte, in die deutsche Fußball-Historie einzugehen. In der Qualifikation für das Turnier in Russland vom 14. Juni bis zum 15. Juli hat sich das DFB-Team ohne Punktverlust durchgesetzt. Der Sportlichen Leitung kommen da die Vergleiche gegen die Schwergewichte Spanien und Brasilien recht, um Fehleinschätzungen vorzubeugen. «Ich gehe davon aus, dass jeder Spieler diese beiden Spiele nutzen will, um seine Position zu untermauern und zu festigen», erklärte Bierhoff.

Löw hat mit 26 Akteuren einen ungewöhnlich großen Kader nominiert. «Für die Trainer ist es noch einmal die Möglichkeit, nicht nur den einen oder anderen zu testen und zu sehen. Man kann auch in Ruhe mit ihnen reden, man hat die Spieler mal ein paar Tage zusammen, man hat wieder ein persönliches Verhältnis», bemerkte Bierhoff.

Der Bundestrainer will danach die weitere Entwicklung abwarten. «Was passiert noch, in welcher Form ist der einzelne Spieler.» Am 15. Mai wird er seinen vorläufigen WM-Kader präsentieren. «Jetzt ist keine Zeit, endgültige Entscheidungen zu treffen», sagte Löw.

Seine Signale aber sind deutlich. Spieler wie die Dortmunder Götze und Schürrle, aber auch Mustafi, Julian Weigl (Dortmund), Serge Gnabry (Hoffenheim), Max Meyer (Schalke), Jonathan Tah oder Benjamin Henrichs (beide Leverkusen) dürften nur noch mit außergewöhnlich guten Club-Leistungen nachrücken. Beim 28-jährigen Reus, den Löw in Russland schon gern dabei hätte, sieht der Bundestrainer noch eine besondere Situation: Reus brauche jetzt «eine gewisse Stabilität und einen ruhigen Aufbau, um bei einer WM diese Belastung zu überstehen».

Bei Kapitän Manuel Neuer bleibt die Frage, wann der Torwart nach seiner schweren Fußverletzung ins Teamtraining und Wettkampfgeschehen beim FC Bayern zurückkehren kann. «Bis jetzt ist alles so gelaufen, wie er und die Ärzte es sich vorgestellt haben», sagte Löw zuletzt bei Eurosport: «Er ist voller Überzeugung, dass er es schafft. Ich vertraue ihm da und hoffe, dass er demnächst wieder vollumfänglich ins Training einsteigen und noch einige Spiele machen wird. Ich glaube, dass ein Torwart nicht so eine lange Anlaufzeit braucht.»

WM-Endspielheld Götze muss sich im Liga-Endspurt beweisen. «Er hat gesagt: Es ist gut, dass er wisse, woran er sei und woran er in den nächsten Wochen arbeiten müsse», berichtete Löw von einen Gespräch mit dem 25-jährigen Dortmunder. «Mit Mario kannst du immer sprechen, er ist ein lernbegieriger Spieler. Dass er eine hohe Qualität hat, wissen wir alle.» Das Potenzial allein aber wird nicht reichen.


(dpa)

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