Frankfurt/Main – Horst Hrubesch ist die Allzweckwaffe und der Feuerwehrmann beim Deutschen Fußball-Bund.
«Ich habe den Frauenfußball in den vergangenen Jahren verfolgt und war auch bei der Europameisterschaft im Sommer vor Ort», sagte der 66-Jährige zu seiner überraschenden Berufung zum Interims-Bundestrainer der Frauen-Nationalmannschaft. Nach Gero Bisanz, der von 1982 bis 1996 Frauen-Chefcoach des DFB war und drei EM-Titel gewann, ist Hrubesch der erste Mann auf diesem Posten.
«Ich helfe in dieser Phase gerne», sagte der Interims-Nachfolger von Steffi Jones. Als Berater von DFB-Direktor Sport Oliver Bierhoff, auch für diesen Bereich verantwortlich ist, beobachtet Hrubesch schon länger den Frauenfußball. «Ich denke, dass das für den Moment der richtige Schachzug ist», meinte Siegfried Dietrich, Manager des Bundesligisten 1. FFC Frankfurt und seit vielen Jahren auch von Steffi Jones. «Danach hoffe ich auf eine gute Entscheidung – der Markt ist ja nicht so groß wie im Männerbereich.»
Hrubesch könnte sich mit seiner Auslegung der Trainerrolle, mit der er große Erfolge mit den Nachwuchsteams des DFB feierte, als Ideallösung für den Übergang und die wichtige WM-Qualifikation erweisen. Mit seiner korrekten, geradlinigen, ehrlichen und einfühlsamen Art gewann er 2008 mit dem U18- und 2009 mit dem U21-Nationalteam die EM-Titel. Außerdem gelang ihm 2016 erstmals seit 1988 die Qualifikation mit einer deutschen Auswahl für die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro und gewann dort Silber.
Dass er keine Berührungsängste mit den Fußballfrauen hat, demonstrierte er vor den Rio-Spielen bei eine gemeinsamen Pressekonferenz mit der Jones-Vorgängerin Silvia Neid. Bereits bei dieser Gelegenheit versicherte Hrubesch, der als Mittelstürmer in einer Zeit als Profi groß geworden war, als kickende Frauen noch müde belächelt wurden, «überhaupt kein Problem» mit Frauenfußball zu haben.
Nach 16 Jahren als Nachwuchs-Bundestrainer und zuletzt als kommissarischer Sportdirektor übernimmt Hrubesch nun wohl seine letzte große Aufgabe beim DFB. Nach der enttäuschenden EM mit dem unerwarteten Aus im Viertelfinale soll der gebürtige Westfale nun die DFB-Frauen auf WM-Kurs bringen. Nach einer Niederlage am Oktober 2017 gegen Island (2:3) ist nämlich die Teilnahme an der WM-Endrunde 2019 in Frankreich in Gefahr geraten.
So werden die nächsten beiden WM-Qualifikationsspiele für den Trainer-Allrounder am 7. April in Halle/Saale gegen Tschechien und am 10. April in Slowenien zu einer ganz besonderen Herausforderung am Ende seiner Karriere. «Ich hoffe, dass die Mannschaft durch einen Wechsel einen neuen Impuls bekommt und schnell zu alter Stärke und früherem Selbstvertrauen zurückfindet», sagte Hannelore Ratzeburg, DFB-Vizepräsidentin Frauenfußball. «Ich bin sehr dankbar, dass Horst Hrubesch in dieser Situation hilft.»
Es dürfte der letzte Notruf sein, dem Hrubesch folgt. Schon länger hat der passionierte Angler angekündigt, Ende des Jahres seinen DFB-Dauerdienst zu beenden, um sich endlich mehr Zeit für seine Frau zu nehmen, die er ihr «über die Jahre genommen habe».
(dpa)