Paris – Paris fühlte sich endlich ein wenig nach Frühling an, da brachte Karl Lagerfeld den Herbst. Die Chanel-Show fand in einer nach feuchtem Moos duftenden Waldlandschaft statt.
Der Boden des Grand Palais war über und über mit braunem Laub bedeckt, der Laufsteg eine Allee mit Bäumen, an denen nur noch vereinzelt Blätter hingen. Auch die Kollektion stand im Zeichen des goldenen Herbsts.
Die flachen Schnürschuhe oder Stiefel waren gold-metallisch patiniert, daneben waren immer wieder Stoffe mit Laubdrucken zu sehen oder Mäntel mit Blätter-ähnlichen Applikationen besetzt. Die Farbpalette ging von erdigen Braun- und Grüntönen bis hin zu metallischem Bronze und Gold. Bodenlange Tweedmäntel, Strickkleider oder Röcke wirkten lässig-komfortabel, dank glänzender Metallic-Effekte aber ebenso schick und elegant.
Es war eine vergleichsweise ruhige Show für Karl Lagerfeld, der sich am Ende nur kurz zeigte, um danach sofort wieder in den Kulissen zu verschwinden.
Die Modenschau von Sonia Rykiel ein paar Tage zuvor sprühte dagegen nur so vor Energie. Es fühlte sich fast an wie die Rückkehr in eine längst vergangene Zeit. Denn seit Jean-Paul Gaultier keine Prêt-à-Porter-Mode mehr macht, ist die Pariser Fashion Week eine weitgehend spaßbefreite Angelegenheit. Als altbewährtes «Enfant Terrible» war er der einzige, der noch fulminante und vor allem heitere Modeschauen veranstaltete.
Heute verziehen die Models in der Regel keine Miene mehr und von ausgelassener Stimmung kann kaum die Rede sein. Insofern war das Defilee von Sonia Rykiel ein echter Lichtblick. Anlässlich des 50-jährigen Jubiläums des Hauses brachte Kreativdirektorin Julie de Libran den Spaß der 80er-Jahre zurück. Die Models gingen nicht nur lächelnd über den Laufsteg, sie strahlten. Sie marschierten nicht, sie tanzten.
Oft kamen die Mädchen kichernd im Quartett, alle mit flauschigen Lammfell-Kleidern und Trapper-Hüten bekleidet oder mit glänzenden Samtanzügen und Glitter im Haar. Die beschwingte Show tat nicht nur den Models sichtlich gut, sondern auch den Zuschauern: Einige sprangen jubelnd und tanzend auf den Laufsteg, als die Bananaramas am Ende auf die Bühne kamen und ihre Hits wie «Cruel Summer» oder «Venus» zum Besten gaben.
Es gab auch klare Trends zu sehen: Logos setzten ihren Siegeszug fort. Bei Off-White blitzten sie auf Unterhosen unter transparenten Kleidern hervor. Bei Balenciaga war das Firmenlogo immer wieder auf Oberteilen und Sweatshirts zu erkennen. Auf die Spitze trieb es Olivier Rousteing, der für Balmain gleich ein ganzes Kleid mit schwarzen Streifen bedrucken ließ, auf denen endlos «Balmain Paris Balmain Paris» zu lesen war.
Neben Logos wird man im nächsten Winter vor allem um Leder nicht umhin kommen: Bei Hermès gab es gleich eine Reihe von Hemdkleidern, Hosenanzügen oder Blusen in Hirsch- oder Kalbsleder zu sehen. Bei Givenchy wurden kurzärmelige Bikerjacken über elegante Anzüge getragen oder gingen als Hemdkleid bis zum Knie.
Isabel Marant setzte bei ihrer Kollektion auf Western-Style und legte das klassische Cowboyhemd in orangefarbenem Leder neu auf. Schwarze Lederröcke waren mit Nieten besetzt und wurden in der Taille mit einem folkloristischen Gürtel getragen.
Stella McCartney hatte bereits in ihrer letzten Kollektion auf Stoffe gesetzt, die wie Leder aussehen. Was insofern spannend ist, da die Britin Wert auf nachhaltige und tierfreundliche Mode legt. Taschen, Schuhe und Kleider sind bei ihr äußerst gut gemachte Imitate. Für ihre aktuelle Kollektion ließ sich die Designerin diesmal vom Thema Lingerie inspirieren. Mit femininen Slip-Dresses, die zum Teil aus alten Hochzeitskleidern gemacht waren, bewies sie erneut, dass interessante Designer-Mode sehr wohl auch umweltfreundlich sein kann.
(dpa)