Pyeongchang – Unmittelbarer geht es nicht. Nur kurz nach der Diagnose schickte Snowboarderin Silvia Mittermüller aus der Klinik per Instagram das Röntgenbild von ihrem Meniskusschaden um die Welt.
«Medical meniscus tear – That’s it for Olympic snowboarding for me» («Innenmeniskusriss – Das Olympia-Snowboarden ist für mich vorbei»), lautete ihre traurige Botschaft. Die Social-Media-Aktivitäten von Athleten, Verbänden oder Fans erleben bei den Winterspielen in Pyeongchang einen Höhenflug und haben bereits Gold für freche Kreativität und emotionale Vielfalt verdient.
«Doller gehts nicht», textete das Social-Media-Team des Deutschen Olympischen Sportbundes zum Bronzegewinn von Biathlet Benedikt Doll. «Lässt andere Althaus sehen», lautete der Twitter-Spruch zu Katharina Althaus, die im Skispringen Silber holte. Für den zweiten Gold-Triumph von Laura Dahlmeier fiel den DOSB-Dichtern allerdings nur ein: «Diese Frau ist der Hammer!» Die Biathlon-Königin hat ja noch vier Siegchancen, da muss Raum für verbale Steigerung bleiben.
Cool und witzig ist Trumpf. Das weiß nun auch Marcel Goc, der Kapitän des deutschen Eishockeyteams. Erst vor Olympia hat sich der 34-Jährige ein Profil bei Instagram eingerichtet und das Einmaleins der Internetnutzung vom Kufen-Kollegen Dennis Endras gelernt. Sein Hashtag «#Tassengoc» ist unvermittelt zum Renner geworden. «Marcel hat sich lang gegen Social Media gesträubt. Sein Profilbild ist ’ne Tasse», berichtete Endras. Da 22 Spieler aus dem 25er-Kader ihr Olympia-Debüt erlebten, seien alle besonders aktiv. «Hier dabei zu sein, dass will man auch mit der Welt teilen», sagte Torhüter Endras.
Gepostet wird von vielen der 153 deutschen Athleten alles Mögliche. Videos aus den Appartements oder der Mensa im olympischen Dorf, Begegnungen mit anderen Sportlern, vom Besuch anderer Wettkämpfe bis hin zu Schnappschüssen vom Training oder aus dem Deutschen Haus. Nichts ist unmöglich, aber nicht alles ist erlaubt.
Von den DOSB-Experten wurden sie informiert, was das Internationale Olympische Komitee gestattet und was nicht. «Wir haben Schulungen gemacht und die Social-Media-Regeln des IOC, die gefühlt von einem Anwalt geschrieben wurden, für die Athleten übersetzt», sagte Jens Behler, Leiter Digitale Kommunikation beim DOSB.
Verboten sei es nach wie vor, Videos von Wettkämpfen sowie von der Eröffnungs- und Schlussfeier zu posten. Das IOC gehe aber mit der Zeit, es habe sich viel verändert. «Die Athleten sind die besten Botschafter, die das IOC für seine Bewegung hat, wenn sie authentisch berichten, wie gut sie die Spiele finden», sagte Behler. So sind inzwischen Videos aus dem Sportstätten im Selfie-Modus erlaubt.
Für den DOSB hätten die digitalen Angebote «einen direkteren Draht zu den sportinteressierten Menschen gebracht», so Behler und fügte an: «Wir wollen den Sport auf eine moderne Art und Weise mitgestalten. Und das wird wahrgenommen.» Während der Sommerspiele 2016 in Rio registrierte der DOSB 80 Millionen Kontakte auf den verschiedenen Social-Media-Kanälen, verzeichnete rund 80.000 Downloads und mehr als 18 Millionen Video-Views. «Das war schon ordentlich», befand Behler.
Bei den Pyeongchang-Spielen wird es nicht so gigantisch funken. «Der Zeitunterschied ist nicht optimal für die Live-Kommunikation», weiß Behler. «Wenn mitten in der Nacht Medaillen gewonnen werden, reagieren nicht so viele User auf unseren Content.»
Überhaupt keinen Zugang zu den sozialen Medien hat der DOSB-Präsident. «Ich weiß nicht, was Instagram ist, weiß nicht, wie Facebook funktioniert», bekannte Alfons Hörmann offen und scherzte: «Ich habe keine eigenen Kanäle eingerichtet, weil ich sie für die Athleten frei halten möchte, damit sie genug Platz haben.»
Snowboard-Pechvogel Mittermüller nutzte die freie Hörmann-Kapazität gern: Vor dem Abflug am Dienstag aus Seoul stellte sie noch schnell ein Video auf Twitter, worauf zu sehen ist, wie sie es sich mit ausgestreckten, lädiertem Bein im Flugzeug bequem macht.
(dpa)