Lenzerheide – Steffi Böhler ist aufgeregt. Nicht ganz so wie beim ersten Mal, aber es kribbelt doch. Die zwölfte Tour de Ski will und muss die Langläuferin vom SC Ibach nutzen, um ihr großes Ziel Olympische Winterspiele im Februar in Pyeongchang zu erreichen.
Dass sie die einzige Athletin im Teilnehmerfeld ist, die bei allen zwölf Tour-de-Ski-Ausgaben am Start war, empfindet sie dabei sogar als Vorteil. «Die vielen Trainingsjahre machen sich da positiv bemerkbar. Solch harte Wettkämpfe wie bei der Tour tun mir gut. Insofern habe ich schon das Vertrauen in mich, dass es auch diesmal gelingt, die Qualifikationsnormen zu erfüllen», sagt die 36-Jährige vor dem ersten Rennen am Samstag in Lenzerheide.
Wie fast immer in den vergangenen Jahren ist sie nur schwer in die Saison gestartet. «Sie braucht ein paar Wettkämpfe, um locker zu werden», sagt der Sportliche Leiter der Langläufer, Andreas Schlütter.
Dass sie tatsächlich die Einzige ist, die alle Touren in Angriff genommen und von bislang 82 Etappen 70 absolviert hat, lässt Böhler staunen. «Mir kommt es ja gar nicht so lang vor. Und da ich eher im Hier und Jetzt lebe, kann ich mich an vieles gar nicht mehr erinnern, was in den zwölf Jahren so passiert ist», sagt die Schwarzwälderin.
Den Auftakt mit einem Sprint am Silvestertag im Münchner Olympiastadion hat sie noch im Gedächtnis. Natürlich den Gesamtsieg von Tobias Angerer gleich bei der Premiere. Auch die Diskussionen um und die Angst vor dem ersten Bezwingen der Alpe Cermis. «Und wir hatten bei der ersten Tour gleich drei Mädels unter den besten Zehn. Die Siegerehrung und die Siegesfeier waren großartig», berichtet Böhler rückblickend.
Dass der deutsche Langlauf mittlerweile eine Durststrecke durchlebt, empfindet die zweimalige Olympia-Medaillengewinnerin mit der Staffel nicht als problematisch. Im Gegenteil: «Da bin ich jetzt auch gefordert, die anderen mit aufzubauen», sagt Böhler, die als Mutter der Kompanie auch für die gute Laune sorgt.
«Im Leistungssport wird man nun mal nach Zahlen abgerechnet. Da darf man sich nicht runterziehen lassen, wenn es mal nicht so läuft. Das versuche ich im Team weiterzugeben.» Die 1,70 Meter große Sportsoldatin setzt viel auf Kommunikation und Austausch mit den Teamkollegen. Wenn das funktioniere, könne man auch sehr gut zusammen weiterarbeiten und sich untereinander motivieren.
Ob die zwölfte Tour de Ski möglicherweise ihre letzte sein könnte? Darüber will Steffi Böhler nicht reden. «Na klar habe ich gemerkt, dass es mit zunehmendem Alter nicht leichter wird, immer wieder die verschiedenen Qualifikationen zu schaffen. Die Geschwindigkeiten, die gelaufen werden, sind höher, die technischen Abläufe haben sich auch verändert. Aber so lange ich noch im Weltcup-Team bin, will ich nicht darüber reden, was vielleicht in einem halben Jahr sein könnte. Aber: Ich mache mir schon Gedanken darüber, wie lange ich noch laufen will.»
In Lenzerheide wird sie in jedem Fall noch am Start stehen. Und vorher das einzige Ritual pflegen, das sie hat: das perfekte Taschepacken. «Der Tour-Ablauf ist sehr speziell, auch wegen der vielen Reisen unmittelbar nach den Wettkämpfen. Da darf nur das Nötigste mitgenommen werden und das muss so gepackt sein, dass es keine Schlepperei wird und man jederzeit sofort auf das Benötigte zugreifen kann», berichtet Steffi Böhler.
(dpa)