München – Nach seinem gelungenen 80-Minuten-Comeback ließ Thomas Müller erstmal ausgiebig die zuletzt gerissenen Muskelfasern pflegen. Dann proklamierte der Münchner Vorarbeiter bestens gelaunt die Marschroute des FC Bayern bis zum Jahresende.
«Wir wollen jetzt durchziehen bis Weihnachten. Im besten Fall können wir unseren Vorsprung noch ausbauen», sagte der Kapitän nach dem 3:1 (1:1) gegen Hannover 96, das den Tabellenführer dank der Punktverluste der Verfolger der Herbstmeisterschaft ein großes Stück näherbrachte.
In der Fußball-Bundesliga läuft’s wieder – und auch in der Champions League soll am Dienstag gegen das bisherige Überteam von Paris St. Germain ein starkes Signal an Europa gesendet werden. Auch wenn Nationalspieler Mats Hummels den Gruppensieg angesichts der hohen 0:3-Hypothek aus dem Hinspiel zurecht als «unwahrscheinlichen Wunschtraum» bezeichnete, soll in der Münchner Arena jeder sehen, dass die Bayern immer noch zur internationalen Elite gehören.
«Wir wollen zeigen, dass wir eine bessere Mannschaft sind als PSG», tönte Torjäger Robert Lewandowski vor dem Kräftemssen mit dem Pariser Multi-Millionen-Team um Brasiliens Weltstar Neymar und Frankreichs Sturmjuwel Kylian Mbappé. Das kassierte am Samstag in der Ligue 1 gegen Racing Straßburg beim 1:2 die erste Saisonniederlage.
Bei den Bayern trifft es sich gut, dass Jupp Heynckes viele positive Erkenntnisse aus der Generalprobe mitnahm. Thomas Müller habe sich als «belebendes Element» im Offensivspiel erwiesen, auch David Alaba und sogar Franck Ribéry feierten kurze Comebacks. Jérôme Boateng komme wieder in Normalform, wie Coach Heynckes zudem hervor hob.
Und dann war da noch Kingsley Coman, der seinem Spitznamen «King» in vielen Aktionen gerecht wurde. Der 21-jährige Franzose machte mit seinem Tempo und seinen Dribblings Betrieb. Er erzielte das 2:1 und holte den Elfmeter zum 3:1, den Lewandowski verwandelte, raus. «Das war eine großartige Leistung. Es ist erfreulich, wie er sich bei uns entwickelt», lobte Heynckes den zuletzt am Fuß verletzten Coman.
«Kingsley hat außergewöhnliche Fähigkeiten, die nicht an jeder Ecke zu finden sind», sagte Müller über den Youngster, der «für uns Gold wert ist». Coman ist die Bayern-Zukunft nach Oldie Ribéry. Coman links, Müller rechts – diese Flügelzange entfachte Wirkung wie jahrelang das Promi-Duo Ribéry (34) und Arjen Robben (33), der noch verletzt ist. Müller bereitete das 1:0 von Arturo Vidal sowie Comans Treffer vor. «Thomas ist unheimlich wichtig mit seinen Wegen, die er macht. Er sorgt für Bewegung in unserem Spiel. Es ist deutlich weniger statisch, wenn er auf dem Platz ist», betonte Hummels.
«Es ist gut gelaufen. Wir haben gewonnen. Ich war gut im Spiel integriert», resümierte Müller. Auch körperlich sei bei ihm nach sechs Wochen Wettkampfpause «alles im grünen Bereich». Er habe nach dem Spiel «noch direkt eine kurze Pflegeeinheit höchst professionell hingelegt», erzählte der drahtige Offensivspieler grinsend.
Es gilt, rasch Kraft zu tanken für Paris. Und das nach 90 Minuten gegen eine Mannschaft aus Hannover, die den Bayern viel abverlangte und couragiert Widerstand leistete. «Es war ein Spiel, in dem wir richtig ackern mussten», gestand Hummels. Hannovers Torwart Philipp Tschauner hielt überragend. Niclas Füllkrug hatte Pech, das er bei der aus 96-Sicht ärgerlichen Wiederholung seines Foulelfmeters an Bayern-Keeper Sven Ulreich scheiterte. Trotzdem konnten die Gäste durch Charlison Benschop zum 1:1 ausgleichen. «Gegen Bayern brauchst du einfach das perfekte Spiel», haderte Tschauner.
Die Bayern brauchen einen perfekten Abend gegen Paris. Selbst drei Tore würden dann nicht zu Platz eins reichen. Die Chancenverwertung war das Manko, das alle Bayern-Profis kritisch ansprachen – auch Müller: «Man kann Verbesserungspotenzial erkennen. Wir haben ziemlich oft aufs Tor geschossen – und ’nur‘ drei Tore erzielt.»
(dpa)