Ex-Langäuferin Herrmann gewinnt erstmals Biathlon-Weltcup

Östersund – Viele hielten Denise Herrmann für völlig verrückt, doch nur 19 Monate nach ihrem Wechsel vom Langlauf ist die Umsteigerin sensationell in die Biathlon-Geschichtsbücher gestürmt.

«Ich habe vom Sieg geträumt, aber dass es passiert, hätte ich nicht geglaubt. Das ist wirklich unglaublich», sagte die 28-jährige Sächsin nach ihrem Premierentriumph im Sprint von Östersund. Am Freitagabend machte sie beim Weltcup in Schweden sogar das krankheitsbedingte Fehlen von Überfliegerin Laura Dahlmeier vergessen und knackte damit gleich im zweiten Einzelrennen der Saison die Olympia-Norm.

«Wenn man jeden Tag fest daran glaubt und hart daran arbeitet, dann ist so etwas möglich», sagte Herrmann, die trotz eines Schießfehlers gewann. Im recht hohen Sportleralter entschied sie sich 2016 für einen Wechsel der Disziplin – ihr Mut wurde spätestens in ihrem gerade erst zwölften Weltcuprennen in Schweden belohnt. «Es beginnt ja alles mit dem Träumen», sagte Herrmann, die bisher insgesamt erst 25 internationale Biathlon-Rennen absolviert hat. «Es fühlt sich perfekt an, ich bin sehr glücklich.»

Zweite wurde die Französin Justine Braisaz, die wie die drittplatzierte Ukrainerin Julia Dzyhma fehlerfrei geblieben war. Herrmann zeigte derweil, dass sie in der letzten Zeit viel dazu gelernt hat. Bedacht und konzentriert setzte sie ihre Schüsse, nur der vorletzte der zehn ging daneben. «Für mich war das heute ein wirklich großer Schritt», resümierte Herrmann.

Lob gab es von allen Seiten. «Es ist erstaunlich, wie schnell die Denise an die Weltspitze gekommen ist. Sie hat sich professionell und sehr fleißig im Schießen verbessert», sagte Bundestrainer Gerald Hönig, dem kurz nach dem Rennen erst die Worte fehlten. «Ich bin schon begeistert. Hut ab, was Denise hier geleistet hat.»

Eine Strafrunde kann Herrmann auf der kürzesten Biathlon-Distanz über 7,5 Kilometer kompensieren wie einst Rekord-Weltmeisterin Magdalena Neuner. Denn ihre Laufstärke ist ihre schärfste Waffe. Mit einer überragenden Schlussrunde nahm Herrmann mit der besten Laufzeit aller 103 Starterinnen sogar der finnischen Spitzenläuferin Kaisa Mäkäräinen ganze 15,1 Sekunden ab. «Ich habe versucht, mein Rennen zu finden, um in der letzten Runde Gas geben zu können. Das ist mir gut gelungen, die Renn-Einteilung war letztes Jahr ja noch mein großes Manko», sagte Herrmann, die erstmals in ihrer Karriere als die Gejagte am Sonntag in die Verfolgung geht.

Bei den Schießzeiten kann Herrmann im Vergleich zur Weltspitze noch nicht mithalten. Das ist angesichts ihrer noch jungen neuen Karriere aber normal – es ist erst ihr zweiter Winter im Biathlon. Den Platz im sechsköpfigen deutschen Weltcupteam hatte sie sich durch starke Resultate in den vergangenen Monaten verdient. Unter anderem gewann sie im September alle drei Einzeltitel bei den deutschen Meisterschaften auf Skirollern und siegte zuletzt auch beim zweitklassigen IBU-Cup im norwegischen Sjusjoen im Sprint.

2014 hatte Herrmann bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi mit der Langlauf-Staffel noch Bronze gewonnen. In Pyeongchang will sie im Februar erneut dabei sein – als Skijägerin. «Für mich ist das ein realistisches Ziel, sonst hätte ich den Schritt nicht gewagt», sagte Herrmann. Mit akribischer Arbeit, vor allem am Schießstand, hat sie sich verbessert und dabei ihre enorme Stärke in der Loipe nicht verloren.

Franziska Hildebrand wurde fehlerfrei Zehnte und erfüllte damit ebenfalls die Olympia-Norm. Maren Hammerschmidt (2 Fehler) wurde 14., Vanessa Hinz (1 Fehler) 16., Franziska Preuß (2) 41., Karolin Horchler (2) verpasste als 61. die Qualifikation für den Verfolger.


(dpa)

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