Östersund – Erik Lesser kommentierte das erste Kräftemessen der internationalen Biathlon-Elite mit einem Augenzwinkern.
«Du weißt, die Saison hat begonnen, wenn Martin Fourcade gewinnt», sagte der zweimalige Weltmeister nach dem letzten hochkarätigen Test vor dem Saisonstart an diesem Wochenende in Östersund. Für Lesser und Sprint-Weltmeister Benedikt Doll sprangen bei den Tests im norwegischen Sjusjoen die Plätze sieben und sechs heraus. Und die Deutschen setzen alles daran, auch in diesem Winter den sechsmaligen Weltcup-Gesamtsieger Fourcade herauszufordern.
Im Hinterkopf haben Lesser & Co aber vor allem eins: Die Olympischen Spiele. Das Objekt der Begierde hat einen Durchmesser von 92,6 Millimetern und wiegt gerade 586 Gramm. Die Goldmedaille, die es in Pyeongchang zu gewinnen gibt. Sie ist vor dem Saisonstart am Sonntag mit den Mixed-Staffeln in Östersund die größte Motivation für die erfolgsverwöhnten deutschen Biathleten. «Der Olympiasieg mit der Staffel wäre toll, das ist in dieser Saison unser großes Ziel», sagte Vorzeige-Skijäger Simon Schempp der Deutschen Presse-Agentur.
Mit vier aktuellen oder ehemaligen Einzel-Weltmeistern gehen die Skijäger so hoch dekoriert wie lange nicht in einen Olympia-Winter. Einzig Norwegen kann ein ähnlich erfolgreiches Quartett aufbieten. Schempp ist Weltmeister im Massenstart, Benedikt Doll im Sprint, Arnd Peiffer holte 2011 den Titel im Sprint, Erik Lesser 2015 in der Verfolgung. «Wir haben mit den vier ein schlagkräftiges Team, das immer den Anspruch auf einen Podestplatz hat. Darum werden wir kämpfen», sagte Bundestrainer Mark Kirchner. 2006 gab es mit der Staffel das bislang letzte Olympia-Gold für die Staffel. Der einzige noch Aktive, Michael Rösch, startet nach Streitigkeiten mit dem deutschen Verband mittlerweile für Belgien.
Vor allem Deutschlands Nummer eins Schempp will wieder einer der Herausforderer von Fourcade werden. Wenn er eine Saison lang gesund bleibt. «Ich bin nie ohne einen Ausfall durchgekommen. Das ist schon mal mein Ziel», sagte er. In den letzten drei Jahren wurde er im Gesamtweltcup zweimal Vierter und einmal Fünfter.
Schempp ist der Gradmesser im deutschen Team. Er und seine Kollegen profitieren voneinander. «Keiner mag als Letzter ankommen oder sich die Blöße geben, wir ziehen uns aneinander hoch und entwickeln uns so weiter», sagte der Uhinger. Doch er weiß auch um die Probleme. Denn hinter dem Top-Quartett klafft schon seit geraumer Zeit eine Lücke. «Es wäre hilfreich, wenn wir hinter uns starke Leute hätten, weil die Belastung in den vier Monaten enorm hoch ist. Und gerade mit Blick auf Olympia wäre es gut, wenn man mal in einer Weltcup-Staffel durchwechseln kann», sagte der Schwabe.
In der Entwicklung der Nachrücker hofft nicht nur er auf eine Entwicklung, einen Schritt nach vorne. «Genauso wichtig ist es, für mich zwei für die Positionen fünf und sechs zu finden, die uns verstärken können. Da klafft ja doch eine Lücke und da bin ich fast mehr gespannt, als was in den Mixed-Staffeln in Östersund passiert», sagte Bundestrainer Kirchner.
Der zweimalige olympische Silber-Medaillengewinner Erik Lesser sieht das nicht ganz so kritisch. «Die Jüngeren werden uns den Arsch heiß machen», sagte der Thüringer. Der nach seiner schweren Schulterverletzung wiedergenesene Johannes Kühn sei läuferisch unter den Top 15 anzusiedeln. «Für den sechsten Mann fallen wir ein paar Namen ein. Ich hoffe, dass die Entwicklung der Jüngeren nach oben zeigt und ein sechster starker Mann nachkommt», sagte Lesser.
(dpa)