Nach Pleiten-Serie: Deutsche Clubs in Europa unter Druck

Frankfurt/Main – Ein Club aus Zypern. Der Meister Schottlands. Die Nummer vier in Istanbul. Oder der Tabellensiebte der Ukraine. Gegen einen dieser Gegner sollten es die international tätigen Bundesliga-Vereine doch wohl schaffen, in dieser Woche mal wieder ein Europapokal-Spiel zu gewinnen.

Nach den insgesamt sechs Champions-League- und Europa-League-Pleiten des vorangegangenen Spieltags stehen die deutschen Clubs diesmal besonders unter Beobachtung und unter Druck. Für Borussia Dortmund sowie alle drei Europa-League-Teilnehmer geht es bereits am dritten Vorrunden-Spieltag um das Weiterkommen im internationalen Wettbewerb. Dazu steht langsam auch das gesamte sportliche Renommee der Bundesliga auf dem Spiel. «Dieser Spieltag ist ein ziemlich guter Zeitpunkt, um ein Zeichen zu setzen», sagte Christian Seifert, Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL) schon vor einer Woche in einem viel beachteten «Sportstudio»-Interview des ZDF.

Dass die Bundesliga mit Bayern München und Borussia Dortmund nur zwei international konkurrenzfähige Vereine hat, ist nicht neu. Dass sich deutsche Clubs schon seit Jahren in der Europa League blamieren, ebenso wenig. Die sechs Niederlagen in den sechs Europacup-Spielen der letzten September-Woche haben die Liga trotzdem durchgeschüttelt und eine neue Dynamik in eine alte Debatte gebracht. Sogar Bundestrainer Joachim Löw sprach von einer «alarmierenden» Entwicklung.

Die Hoffnung in dieser Woche besteht darin, dass die Kritik wirkt und dass alle Vereine neben der Europapokal-Wertung dieser Saison (nur Platz 27 für die Bundesliga) auch die Tabellen ihrer jeweiligen Vorrunden-Gruppen lesen können. Apoel Nikosia gegen Borussia Dortmund, RB Leipzig gegen den FC Porto (beide Dienstag), 1899 Hoffenheim gegen Basaksehir Istanbul oder Bate Borissow gegen den 1. FC Köln (beide Donnerstag): In all diesen Spielen kämpfen die Bundesliga-Vertreter bereits gegen ihr vorzeitiges Ausscheiden an. «In Nikosia zu gewinnen, muss unser Anspruch sein», sagte Dortmunds Sportdirektor Michael Zorc vor dem Abflug nach Zypern.

Die große Frage bleibt nur, woran es denn liegt, dass die deutschen Vereine im internationalen Vergleich so häufig so schlecht spielen. Daran, dass sie die horrenden Ablösesummen und Gehälter mancher englischen und spanischen Clubs nicht zahlen können? Dass sie insbesondere die Europa League nicht ernst genug nehmen? Oder daran, dass die Bundesliga hinter den Bayern, dem BVB und RB Leipzig ein Qualitäts-Problem hat, das von den vollen Stadien, der gelungenen Inszenierung und den ständigen Umsatz-Rekorden überlagert wird?

«Jahrelang hieß es, uns fehlen die finanziellen Mittel, um international mithalten zu können. Das ist jetzt keine Ausrede mehr», sagte Seifert. «International sind wir die Liga mit dem zweithöchsten Umsatz nach der Premier League. 14, vielleicht bald 15 Clubs machen einen Umsatz von mehr als 100 Millionen Euro pro Jahr.»

Erst der vergangene Spieltag zeigte aber, dass mit diesem vielen Geld nicht immer sinnvoll umgegangen wird. Beispiel Bayer Leverkusen gegen den VfL Wolfsburg an diesem Sonntag (2:2): Der eine Verein hat 14 Nationalspieler im Kader, der andere gab allein in den vergangenen zwei Jahren mehr als 130 Millionen Euro für neue Spieler aus. Trotzdem war es nur das Spiel des Tabellen-12. gegen den 14.

Vereine, die so weit unter ihren Möglichkeiten bleiben, lassen immer wieder Raum für kleinere Clubs wie Mainz oder Freiburg. Die scheitern dann in Europa an ihrer Unerfahrenheit. Auch das passiert in England oder Spanien deutlich seltener. Und so ist die vielzitierte Ausgeglichenheit der Bundesliga kein Qualitätsmerkmal. Sondern etwas, das der internationalen Konkurrenzfähigkeit eher schadet.

Mehrere Vertreter der Liga haben sich zuletzt gegen Seiferts Kritik gewehrt. Kölns Trainer Peter Stöger nannte sie «deplatziert». Hertha-Manager Michael Preetz meinte: «Ich gehe schwer davon aus, dass es am nächsten Spieltag anders aussieht.» In dieser Wochen haben die Clubs nun die Chance, eine sportliche Antwort darauf zu geben.


(dpa)

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