New York – Als Edmund Hillary und Tenzing Norgay im Mai 1953 dem Gipfel des Mount Everest entgegen stapften, waren Fleece und Thermounterwäsche noch gar nicht erfunden. Stattdessen hielten Daunenfedern in den Jacken die beiden Bergsteiger warm.
Aber konnten sie ahnen, dass Daunenjacken eines Tages zum Hingucker in den Winterkollektionen von Modedesignern weltweit, oder auch zum Stilsymbol einer Generation von Rapmusikern werden würden?
Ob Berggipfel, Arktis, Tiefsee oder Weltraum: Expeditionen in extreme Verhältnisse erfordern besondere Schutzkleidung. Modedesigner schöpfen seit Jahrzehnten von der ausgefallenen Kluft, die Forscher, Taucher, Astronauten oder eben Bergsteiger bei ihren Einsätzen tragen.
Die Ausstellung «Expedition: Fashion from the Extreme» im New Yorker
Fashion Institute of Technology (FIT) zeigt, dass Designer von Jean Paul Gaultier über Chanel bis zu Karl Lagerfeld sich seit den 1960er Jahren von solchen Erkundungsreisen anregen lassen.
Yves Saint Laurent stellte 1968 etwa die «Saharienne»-Kollektion vor, die in khakifarbenen Tunikas an Safaris erinnerte. Auch Ralph Lauren griff diesen Look später auf.
Der zunächst vor allem in Alaska von Inuit-Ureinwohnern getragene Parka fand seinen Weg in die Modewelt, als Kate Moss ihn in den 1990er Jahren trug. Bei der Masse angekommen war er spätestens, als Gitarrist und Sänger Kurt Cobain von der Grunge-Band Nirvana sich im dunkelgrünen Parka zeigte. Entwickelt worden war der «Fishtail»-Parka in seiner modernen Form aber für das US-Militär und dessen Einsatz im Koreakrieg (1950-53).
Die unter anderem von den Bergsteigern Hillary und Norgay populär gemachten Daunenjacken wiederum sind aus Wintermonaten in vielen Städten heute kaum mehr wegzudenken. Eddie Bauer gilt als erster, der sich die puffigen, fluffigen Jacken in den USA patentieren ließ. Der japanische Designer Junya Watanabe war es dann, der das Spiel mit den Daunen für Comme des Garçons mit einfarbigen «Puffer Jackets» in den vergangenen Jahren zur Perfektion trieb. Auch für Tommy Hilfigers poppigen Amerika-Stil gehörte die Daunenjacke fest zum Repertoire, bevor Hiphop-Marken wie Karl Kani, Helly Hansen und Carhartt nachzogen.
Karl Lagerfeld richtete seinen Blick derweil in die Arktis. Für die «Ready-to-wear»-Kollektion, die Lagerfeld im Herbst 2010 für Chanel auf den Markt brachte, ließ der deutsche Stardesigner in Paris nicht nur Models mit reichlich (falschem) Fell antreten – für die passende Kulisse sorgte Lagerfeld gleich mit, indem er für die Show einen Eisberg aus Skandinavien importieren ließ. Lagerfeld zeigte Tweed-Anzüge, Säume aus Plüsch und zottelige Stiefel. Seine Designs waren nicht weit entfernt von dem, was Arktisforscher Matthew Henson bei seiner (bis heute umstrittenen) Nordpol-Expedition im Jahr 1909 gegen die Kälte getragen haben soll.
Auch die Welt der Meere schien es Lagerfeld angetan zu haben. Die Pailletten auf seiner blauschwarzen, grob gerippten Jacke von 1991 glitzern wie nasses Neopren, auch die Säume ähneln denen der Anzüge von Tauchern und Surfern. «City Surfer» nannte Lagerfeld das Stück und merkte an, es sei «perfekt, um in das Nachtleben von Paris über Rom bis London und New York einzutauchen». Designergrößen wie Jean Paul Gautier, Gianni Versace und Donna Karan stellten in den 1980er und 1990er Jahren ähnliche Outfits im teils synthetischen Taucher-Look vor.
Die Erforschung des Weltalls stellt heute die größte Herausforderung für den Menschen dar, und auch die Modewelt dürfte die Raumfahrt noch eine Weile beschäftigen. Bei der Pariser Fashion Week im März lehnte sich Lagerfeld stilistisch an das Space Age der 1960er an, als er im Grand Palais eine 37 Meter hohe Rakete aufstellen ließ. Chanel hob sprichwörtlich ab, als sich das Unterteil fauchend und funkensprühend in Richtung Glasdach schob. Sollten Menschen eines Tages auf dem Mars landen, scheint eine passende Reaktion der Modewelt bereits vorprogrammiert.
(dpa)