«Entspannter» Wagner füllt das Sturm-Vakuum

Belfast – Timo Werner verletzt. Mario Gomez verletzt. Na und. Ein Sturmproblem hatte Fußball-Weltmeister Deutschland beim 3:1 in Nordirland trotzdem nicht – dank Sandro Wagner.

Der bald 30 Jahre alte Hoffenheimer füllte das vermeintliche Vakuum in Belfast mit seinen speziellen Qualitäten aus. Der 1,94 Meter große Angreifer traf nicht nur, er setzte seinen robusten Körper auch prächtig im Dienste seines Teams gegen die kantigen nordirischen Verteidiger ein.

«Es hat richtig Spaß gemacht», sagte Wagner frisch geduscht im Kabinentrakt des Windsor Parks. Und gut gelaunt erzählte er von der Vorgabe, die ihm der Teammanager vor seinem vierten Tor im vierten Länderspiel gestellt hatte: «Oliver Bierhoff hatte zu mir gesagt, ich muss meine Quote halten – und daran habe ich mich gehalten. Von dem her war es ein guter Abend für mich und die Mannschaft.»

Wagner bewies in Belfast, dass er nach seiner späten Berufung zum Nationalspieler im Sommer beim Confed Cup nochmal einen Schritt nach vorne gemacht hat. In Belfast signalisierte er dem Bundestrainer: Hey, ich bin da, wenn ich gebraucht werde.

«Jogi Löw hatte mir schon vor den letzten Länderspielen im September gesagt, dass ich jetzt wieder dabei bin», verriet Wagner in Belfast: «Das Vertrauen hat mich gefreut – und heute hat es gut geklappt.»

Der selbstbewusste Wagner gibt sich im Wettbewerb um die Stürmerplätze bei der WM 2018 in Russland gelassen. «Wenn ich eingeladen werde, ist das super. Dann freue ich mich und versuche, meine Leistung zu bringen. Wenn nicht, ist es auch okay.» Er könne keine «Riesenansprüche stellen». Er setzt auf Lockerheit: «Ich bin sehr entspannt, was die Situation hier angeht, und das kann auch ein großer Vorteil für mich sein. Ich habe keinen Druck.»

Wagner war der auffälligste Akteur im Weltmeister-Trikot. Er hatte auch noch Pech mit einem feinen Kopfball an den Pfosten. «Das ärgert mich schon, weil ich immer das Maximum erreichen möchte», sagte er.

Wagner erweitert das Stürmer-Spektrum im DFB-Team. Bei der EM 2016 war der Angriff noch eine echte Problemzone. Mario Gomez erzielte die einzige Stürmertore (zwei). Nach seiner Verletzung im Viertelfinale gegen Italien herrschte beim EM-Aus gegen Frankreich totale Flaute in der Offensivabteilung. «Wir haben sehr gute Möglichkeiten in der Offensive, viele gute Spieler, unterschiedliche Spielertypen. Das könnte für uns eine sehr große Stärke sein», sagte Mats Hummels mit Blick auf das WM-Turnier im kommenden Jahr in Russland.

Löw erfreut die größere Auswahl, aber er verweist immer noch auf besser besetzte Nationen, etwa Argentinien: «Die haben Higuain, Agüero, Messi, Dybala. Dieses hochwertige Konkurrenz-Niveau wünscht er sich auch.

Jérôme Boateng, der 2009 mit Wagner U21-Europameister wurde, sieht bei dem Angreifer eine späte Weiterentwicklung. «Er hat sein Spiel ein bisschen verändert, er setzt sehr gut seinen Körper ein. Er hat einen besseren Abschluss und ist ein bisschen ruhiger vor dem Tor geworden», sagte der Weltmeister. «Er ist ein sehr guter Typ und wichtig für die Mannschaft.» Mit Sandro Wagner ist zu rechnen.


(dpa)

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