Warnsignale für Werner: «Unterm Strich enorme Belastung»

Frankfurt/Main – Timo Werner hat in seiner jungen Karriere die extremen Ausschläge in der Profi-Glitzerwelt schon zu spüren bekommen – nach oben wie nach unten. Jetzt streikt der strapazierte Körper von Deutschlands neuem Topstürmer.

Und darum muss Joachim Löw das Ticket zur Fußball-WM 2018 in Russland ohne den 21 Jahre alten Offensivmann von RB Leipzig lösen. «Blockade der Halswirbelsäulenmuskulatur und des Kiefergelenks», lautet die Diagnose aus Sachsen. Doch die Worte von Club-Coach Ralph Hasenhüttl und Sportdirektor Ralf Rangnick deuten auf eine grundsätzliche Überlastung des Shootingstars hin.

«Man darf eines nicht vergessen. Ein Spiel in der Champions League oder mit der Nationalmannschaft ist schon eine mentale Extrembelastung. Und wenn ein Stürmer viele Tore schießt und dadurch einen positiven Stress erzeugt, ist das schön für den Stürmer, unterm Strich aber eine enorme Belastung», äußerte der Österreicher. Es könne darum sein, dass Dauerleister Werner «dem Ganzen jetzt ein bisschen Tribut zollt», vermutet Hasenhüttl.

Rangnick hatte bereits nach dem 2:1 der Leipziger ohne Werner in Köln angekündigt, dass eine Teilnahme des Angreifers beim Abschluss der DFB-Auswahl in der WM-Qualifikation am Donnerstag in Nordirland und danach gegen Aserbaidschan «keinen Sinn» machen würde. «Natürlich sorgen wir uns um ihn», erklärte Rangnick zudem.

Werner hat enorm viel geleistet in den vergangenen Monaten. Er erlebte bei seinem kometenhaften Aufstieg auch krasse Widerstände. Sensationelle Bundesliga-Premierensaison mit RB. Wirbel und Anfeindungen nach seiner Schwalbe gegen Schalke. Länderspieldebüt gegen England, Pfiffe einiger deutscher Fans inklusive. Leipzigs Champions-League-Qualifikation. Confed-Cup-Sieg im Weltmeister-Trikot mit Goldenem Schuh als Ehrung zum besten Turnier-Torschützen.

Kurze Sommerpause. Gala mit einem Doppelpack für Deutschland gegen Norwegen. Dauereinsatz für Leipzig in Liga und Königsklasse – bis zu seiner frühen Auswechslung wegen Kreislaufproblemen in Istanbul. Da streikte der Körper, sagte: Ich kann nicht mehr. Auch von Schwindelattacken war die Rede. Bei der nun vermeldeten Diagnose ist vorerst offen, wie es mit Timo Werner weitergeht.

«Er ist eine Waffe. Er ist in seinen jungen Jahren wirklich schon sehr abgezockt. Wenn er so weiter macht und gesund bleibt, wird er eine große Karriere vor sich haben. Das steht außer Frage», hatte DFB-Kollege Sami Khedira nach dem 6:0 gegen Norwegen gesagt.

«Er gibt in jedem Spiel 120 Prozent, in jedem Training 120 Prozent. Er hat eine unfassbare Quote jetzt schon in der Nationalmannschaft. Er wird der Stürmer der Zukunft sein in Deutschland», sagte Mario Gomez – ein Werner-Fan und Werner-Konkurrent zugleich. Und WM-Rekordtorschütze Miroslav Klose sieht in dem Schwaben neben Kylian Mbappé von Paris Saint-Germain und Marco Asensio von Real Madrid die größte internationale Sturmhoffnung.

Der Jungstar selbst gab sich nach dem September-Auftritt in seiner Stuttgarter Heimat, als ihm auch die DFB-Fans endlich feierten, bescheiden: «Wir haben viele gute Stürmer, ich muss mich immer wieder zeigen. Es freut mich, dass ich jetzt einige Male aufgestellt wurde. Ich versuche, es zurückzuzahlen.» Nach acht Länderspielen, die alle gewonnen wurden, stehen für ihn sechs Tore zu Buche. Für RB traf er nach seinem Wechsel vom VfB Stuttgart in 37 Liga-Spielen 26 Mal.

Löw kennt sich aus mit der extremen Beanspruchung junger Profis. Er hat viele früh gefördert und gefordert. Und gibt ihnen doch immer wieder Zeit. Auch Mario Götze kehrt nach seiner langen Erkrankung für den Quali-Showdown noch nicht in die Nationalmannschaft zurück, ebenso sein gerade erst wieder fit gewordener Dortmunder Clubkollege Julian Weigl. Der Bundestrainer nannte es «bedauerlich, dass einige unserer Leistungsträger nicht dabei sein können». Aber Löw vermeidet in dieser frühen Phase der WM-Saison jegliche Risiken – der Sommer 2018 zählt für ihn. Dann braucht er einen fitten Timo Werner.


(dpa)

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