Amsterdam – Erstmals in der Verbandsgeschichte sind beide deutschen Hockey-Auswahlteams bei Feld-Europameisterschaften leer ausgegangen. Nach den Damen verloren auch die Herren des Deutschen Hockey-Bundes (DHB) bei der EM in Amsterdam das Spiel um Platz drei.
Durch das 2:4 (1:2) gegen England verpassten die Herren die erhoffte Medaille. Das war dem DHB-Flaggschiff zuvor nur 2007 in Manchester passiert, als die deutschen Damen den Titel gewannen. Diese unterlagen in Amsterdam im kleinen Finale ebenfalls England 0:2 (0:1) und blieben erstmals seit 30 Jahren ohne EM-Edelmetall.
Da aber beide DHB-Teams zuvor bereits das übergeordnete Ziel der WM-Qualifikation für 2018 erfüllt hatten, fällt die Jahresbilanz von Wolfgang Hillmann dennoch positiv aus. «Dank der WM-Tickets haben wir Planungssicherheit. Beide Bundestrainer machen beim Aufbau neuer starker Teams einen hervorragenden Job, auch wenn das sich hier im Ergebnis nicht widerspiegelt», sagte der DHB-Präsident. Das EM-Resultat macht aber auch deutlich, dass der fällige Umbruch nach zweimal Olympia-Bronze 2016 in Rio und der erneute Anschluss an die Weltspitze nicht im Schnellverfahren machbar ist.
«Das ist natürlich eine Riesenenttäuschung. Die Ineffizienz vorne und bei der Kontersicherung haben uns das Genick gebrochen», urteilte Herren-Coach Stefan Kermas nach dem unglücklich verlaufenen kleinen Finale. «Wir waren heute zu grün hinter den Ohren.» Die Tore von Mats Grambusch und Lukas Windfeder waren zu wenig für die DHB-Herren, während die Briten aus sechs Chancen vier Tore machten. «Es ist total frustrierend, wir machen die Dinger nicht und kriegen sie hinten», bekannte Kapitän Martin Häner an seinem verdorbenen 29. Geburtstag.
Vor Rückschlägen hatte Kermas, der wie Damen-Coach Jamilon Mülders seine Auswahl einer Verjüngungskur unterzogen hat, schon vor der EM gewarnt. Er kritisierte die Rahmenbedingungen des Leistungssports in Deutschland im internationalen Vergleich. In Trainingsstützpunkten seien «die Gegebenheiten nicht so, dass sie dem Niveau entsprechen, das momentan der Weltklasse und Medaillenrängen zwischen eins und drei entspricht», sagte der ehrgeizige Coach der Funke-Mediengruppe.
In Deutschland werde «am Limit gearbeitet», aber die «unglaublich hohen Erwartungen» seien nicht zu rechtfertigen. Auf Hockey bezogen nannte er Belgien, die Niederlande und England, die – anders als die DHB-Asse – unter Profibedingungen viel bessere Voraussetzungen haben.
Exakt diese Teams standen bei Damen wie Herren im EM-Halbfinale. Nur die für ihre Top-Nachwuchsarbeit bekannten Deutschen konnten in diese Phalanx einbrechen. Auch die Damen (Schnitt: 22,4 Jahre): Obwohl sie das mit Abstand jüngste EM-Team stellten, kamen sie zum sechsten Mal in Serie ins Halbfinale eines Topturniers. Sie scheiterten unnötig an Belgien (0:1) und im Kampf um Rang drei. «Keine Medaille ist Mist, aber diese Mannschaft hat ganz viel Potenzial, das sieht ein Blinder», sagte Coach Mülders. «An ihr wird Deutschland noch viel Freude haben.»
(dpa)