Düsseldorf(dpa) – Der Rasierer ist billig, die Ersatzklingen sind teuer. Der Drucker wird fast verschenkt, dafür kosten die Tintenpatronen ein Vermögen. Viele Verbraucher kennen diesen Verkaufstrick der Hersteller und ärgern sich darüber.
Doch haben die Markenhersteller oft das Recht auf ihrer Seite. Mithilfe des Patentrechts können sie neuentwickelte Produkte 20 Jahre lang vor billigerer Konkurrenz schützen.
Auch im Rasiererstreit zwischen den Marktführern Wilkinson und Gillette untersagte das Landgericht Düsseldorf Wilkinson und dem Mutterkonzern Edgewell im Eilverfahren, preisgünstige Ersatzklingen für den verbreiteten Nassrasierer «Mach3» des Konkurrenten zu vertreiben. Durch die Nachahmerklingen werde ein Patent von Gillette über die Verbindung von Griff und Klingeneinheit verletzt, sagte Richter Carsten Haase.
Wilkinson hatte die Nachahmerklingen im Frühjahr auf den Markt gebracht – zur Freude vieler Verbraucher. Denn die Klingen wurden laut Gericht in fünf Drogeriemarktketten als Eigenmarken zu Preisen verkauft, die rund 30 Prozent unter dem Niveau des Originals lagen.
Der Konkurrent Gillette, der bislang ein Monopol auf die Ersatzklingen hatte, wollte sich das jedoch nicht gefallen lassen. Er beantragte vor Gericht eine einstweilige Verfügung gegen Wilkinson und dessen Mutterkonzern. Und er bekam sie.
Für den Wirtschaftsprofessor Michael Stephan von der Universität Marburg sind derartige Prozesse ein Beweis dafür, dass das Patentrecht in den vergangenen Jahren immer mehr von einem defensiven Schutzschild zu einer strategischen Waffe im Wettbewerb geworden ist. Selbst vergleichsweise simple Produkte wie Nassrasierer würden inzwischen von einem regelrechten «Patentdickicht» umgeben.
Allein für den «Mach3 Turbo» habe Gillette 35 Patente angemeldet, berichtet der Wissenschaftler. Das reiche von der Schnittstelle für die Verbindung zwischen Klinge und Schaft über den Neigungswinkel der Klingen bis zur Verpackung. Die Unternehmen versuchten so, starke Schutzschilde für die eigenen Produkte aufzubauen.
Opfer dieser Praxis könne leicht der Verbraucher werden, wenn er nicht aufpasst, warnt Georg Tryba von der Verbraucherzentrale Düsseldorf. Denn habe man erst einmal ein auf den ersten Blick preisgünstiges Gerät gekauft, so sei man an den Hersteller gebunden – und der lasse sich dies oft «tüchtig bezahlen». Es sei deshalb wichtig, schon beim Kauf die Folgekosten zu prüfen.
Das Düsseldorfer Urteil verbietet Wilkinson den weiteren Vertrieb der Nachahmerklingen. Noch vorhandene Vorräte muss Wilkinson laut Urteil einem Gerichtsvollzieher übergeben, bis über eine mögliche Vernichtung entschieden ist.
Eine Sprecherin des Gillette-Mutterkonzerns Procter & Gamble zeigte sich zufrieden mit der Entscheidung. Das Unternehmen habe hart gearbeitet, um eine «der besten Rasierertechnologien der Welt» zu entwickeln. «Wir nehmen es nicht hin, dass Wettbewerber unsere Patente ohne unsere Genehmigung nutzen.»
Allerdings ist das Urteil noch nicht rechtskräftig. Wilkinson und Edgewell kündigten bereits Berufung beim Oberlandesgericht Düsseldorf an. Edgewell Manager Max Chambers sagte, das Unternehmen habe einen vorläufigen Rückschlag erlitten, kämpfe aber weiter für mehr Wettbewerb im Interesse der Verbraucher. Er sei zuversichtlich, in diesem Rechtsstreit «am Ende erfolgreich» zu sein.
Doch selbst wenn Wilkinson den Verkauf der Nachahmerprodukte zunächst einstellen müsste, können «Mach3»-Besitzer hoffen, schon in absehbarer Zeit wieder billigere Klingen zu bekommen. Denn das umstrittene Patent läuft im Februar 2018 aus.
(dpa)