Deutsches Triathlon im Umbruch

Hamburg – Auf der Suche nach seinem Nachfolger mahnt Triathlon-Star Jan Frodeno zur Geduld.

«Es ist ein Spitzensport, und wenn man ganz vorne hin will, dann geht das nicht von heute auf morgen», sagt der 2008-Olympiasieger und zweimalige Ironman-Weltmeister von Hawaii. Und der 35-Jährige fügt hinzu: «Als Fan hoffe ich natürlich, dass es da bald wieder mehr Edelmetall gibt.»

Doch so bald wird sich seine Hoffnung nicht erfüllen – zumindest glaubt das Jörg Bügner. Der neue Sportdirektor der Deutschen Triathlon Union (DTU) soll den Weg zurück an die Spitze managen. Aber erst «in fünf, sechs Jahren» erwartet er wieder deutsche Triathleten ganz vorne. «Wir haben einige hoffnungsvolle Talente», meint er.

Den Anschluss an die führenden Nationen wie Großbritannien, die USA oder Spanien hat Deutschland auf der olympischen Distanz schon lange verloren. Seit Frodenos Wechsel auf die längeren Strecken nach den Spielen in London 2012 spielten die Kurzstrecken-Herren international kaum noch eine Rolle. Bei den Damen war Anne Haug die einzige, die bisweilen vorne mitmischte. Das Olympia-Debakel von Rio, als Haug 36. und Laura Lindemann 28. wurden und deutsche Herren gar nicht am Start waren, machte die Misere dann endgültig klar.

Die DTU drückte den Reset-Knopf. Cheftrainer Ralf Ebli und Bundestrainer Dan Lorang gingen. Ihre Posten wurden und werden vorerst nicht neu besetzt. Bügner kam Anfang 2017 als neuer Impulsgeber und Macher. «Wir müssen in vielen Punkten neu denken», fordert er. Nachhaltigkeit statt kurzfristige Erfolge will er. Bügner schaut nicht auf Olympia 2020, sondern schon auf 2024.

Er stärkte den Bereich Sichtung sowie den Bereich Wissenschaft und Personalentwicklung, außerdem wurde ein Bildungsreferent eingestellt. An den wichtigen Stützpunkten Potsdam und Saarbücken gewann die Arbeit von U23-Trainer Ron Schmidt und seinem Kollegen Christian Weimer an Bedeutung.

Die Starts der jungen deutschen Triathleten sollen dosiert erfolgen. So sind in der WM-Serie in diesem Jahr nur drei Deutsche bei wenigen ausgewählten Rennen dabei: U23-Weltmeister Laura Lindemann, Lasse Lührs und Justus Nieschlag.

«Es ist anders als in den letzten Jahren», sagt die 21-jährige Potsdamerin Lindemann – derzeit einzige deutsche Triathletin mit  Weltklasse-Potenzial – zu den Neuerungen. «Noch kann man das mitten in der Saison nicht bewerten, nicht mal nach einem Jahr. Man muss wohl den Olympia-Zyklus abwarten.»

Bügner sieht das ähnlich. Für die WM-Heimrennen am Samstag in Hamburg – der fünften Station von neun Stationen der World Triathlon Series – formuliert er bescheidene Ziele. Hamburg ist für ihn eher eine Standortbestimmung. «Wenn alles super läuft, kann Laura Lindemann unter die Top Ten kommen», sagt er zu den Aussichten für das Damen-Rennen (14.10 Uhr) über die Sprintdistanz (750 Meter Schwimmen, 21 Kilometer Rad, 5 Kilometer Laufen).

Bei den Herren (16.00 Uhr) hofft er auf einen Platz unter den ersten 20 durch Lührs und Nieschlag. Und für die Mixed-Staffel-WM am Sonntag (15.00 Uhr) wäre er schon mit einem Rang unter den besten Sechs zufrieden. Im Vorjahr war ein deutsches Quartett Dritter geworden. 2013 sogar Weltmeister – mit Jan Frodeno.

«Der Verband fährt mittlerweile das einzig sinnvolle Programm, indem es den Fokus auf die Junioren setzt und diese aufbaut», lobt der mittlerweile weltbeste Langdistanz-Triathlet. «Es fehlt der Generationswechsel. Deswegen wird das sicherlich jetzt dauern. Da sind einige Talente, man muss ihnen aber auch Zeit geben.»


(dpa)

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