Wiesbaden – Wenn die Eltern sich trennen, ist das auch für den Nachwuchs ein tiefer Einschnitt – 2016 mussten laut Statistischem Bundesamt knapp 132 000 minderjährige Kinder eine Scheidung verarbeiten.
Doch jedes Ende ist auch ein Anfang. Nicht selten finden die früheren Eheleute neue Partner, vielleicht sogar mit weiteren Kindern, und leben dann in Stieffamilien.
Denn das Erbrecht hat die klassische Familie im Blick, nicht aber den neuen Partner oder seine Stiefkinder. «Es gibt einen Unterschied zwischen sozialer und rechtlicher Familie», sagt Schwackenberg. Denn das Erbrecht stellt Stiefkinder den leiblichen oder adoptierten Kindern nicht gleich. Erbberechtigt sind vielmehr nur verheiratete Eheleute, gleichgeschlechtliche Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft sowie die leiblichen Kinder.
Stirbt ein Partner in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft, haben nur die leiblichen Kindes des Verstorbenen Anspruch auf das Erbe, erklärt die Notarkammer Schleswig-Holstein. Sofern die frühere Ehe nicht geschieden war, erbt auch der Ehegatte. Der jeweilige Partner oder die Stiefkinder gehen in diesem Fall leer aus.
Schon in einer vergleichsweisen einfachen Konstellation kann ein ungeregeltes Erbe deshalb für Ungerechtigkeiten sorgen, erklärt die Stiftung Warentest. Ein Beispiel: Ein Paar ist in zweiter Ehe miteinander verheiratet. Sie hat zwei Söhne in die Ehe eingebracht, er zwei Töchter. Stirbt der Mann zuerst, bekommt seine Frau die Hälfte des Erbes und seine zwei Töchter jeweils 25 Prozent. Stirbt anschließend die Frau, erben deren Söhne den Rest des Nachlasses. Die Töchter des Mannes gehen an dieser Stelle leer aus.
«Patchworkfamilien sollten deshalb ein Testament beziehungsweise einen Erbvertrag aufsetzen», rät Schwackenberg. Das gilt umso mehr, da nach einer Scheidung häufig vergessen wird, die Testamente oder Erbverträge an die neue Lebenssituation anzupassen.
«In einer Patchworkfamilie müssen Sie eine Grundsatzentscheidung treffen», sagt Schwackenberg. Entweder die soziale Bindung steht im Vordergrund, und alle Kinder werden gleichbehandelt, oder die gesetzliche Erbfolge soll greifen. Auch sollte der jeweilige Partner im Todesfall abgesichert werden. Einfach kann die Regelung sein, wenn die Partner sich gegenseitig absichern und alle Kinder gleichbehandeln wollen. Hier können sich die Partner lauf Stiftung Warentest gegenseitig zu Alleinerben und die Kinder als Schlusserben einsetzen, die zu gleichen Teilen erben sollen.
Gibt es ein gemeinsames Kind in der neuen Familie, das die Eltern vor allem bedenken wollen, ist auch eine Vor- und Nacherbschaft möglich. Die Eltern können sich gegenseitig als alleinige Vorerben einsetzen und als alleinigen Nacherben und Schlusserben das gemeinsame Kind. Die Kinder aus den früheren Beziehungen können in diesem Fall nach Angaben der Stiftung Warentest ihren Pflichtteil geltend machen.
Haben die Patchwork-Eltern nicht geheiratet, können sie sich Vermögen auch über Schenkungen zukommen lassen, erklärt die Notarkammer Schleswig-Holstein. Allerdings: Der Pflichtteilsanspruch kann auf diese Weise nicht ohne weiteres ausgehebelt werden. Denn eine Schenkung kann Pflichtteilsergänzungsansprüche auslösen, die jedoch oft nach einer Frist von zehn Jahren entfallen.
Ehen in Deutschland halten länger – weniger Scheidungen
Die Ehen halten länger, und die Zahl der Scheidungen sinkt weiter. Dieser Trend hat sich in Deutschland auch 2016 fortgesetzt. Genau 162 397 Ehen wurden im vergangenen Jahr geschieden, fast 1000 oder 0,6 Prozent weniger als 2015, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Eine Ehe wurde im Schnitt nach 15 Jahren geschieden, 2015 war es noch ein Monat weniger. 1991 hatten die geschiedenen Ehen im Durchschnitt nur elf Jahre und neun Monate gehalten. Die Männer waren bei ihrer Scheidung 2016 durchschnittlich 46 Jahre und sieben Monate alt, die Frauen genau drei Jahre jünger. Mehr als die Hälfte der geschiedenen Paare hat minderjährige Kinder.
(dpa/tmn)