Frankfurt/Main – DOSB-Präsident Alfons Hörmann warnt vehement vor einem drohenden Reformstau. «Wenn sich die Dinge so weiter entwickeln, laufen wir Gefahr, einen kompletten Olympia-Zyklus zu verlieren», sagte der Chef des Deutschen Olympischen Sportbundes in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur.
Er fürchtet sogar, dass die beschlossene Leistungssportreform nicht wie geplant bei den Sommerspielen 2020 in Tokio greift und für ein Medaillen-Plus sorgen könnte. Von Mittwoch bis Freitag beraten DOSB und Spitzenverbände in Berlin, wie ein Scheitern verhindert werden kann.
Weiter herrscht Unklarheit über die für die Umsetzung der Reform vom Bundesinnenministerium versprochenen zusätzlichen 39 Millionen Euro. Im Entwurf des Bundeshaushalts für 2018 ist die Erhöhung nicht enthalten. Entschieden wird darüber erst nach Bundestagswahl am 24. September. Die Spitzenverbände sind sauer.
«Der DOSB hat vollumfängliches Verständnis für die daraus resultierende Verwunderung, Enttäuschung und an der einen oder anderen Stelle auch Verbitterung», sagte Hörmann. Dem DOSB sei klar gewesen, des es sich bei den 39 Millionen Euro nur über einen «Pro-forma-Ansatz für den Schattenhaushalt» gehandelt hätte.
«Die 39 Millionen wären aber eine symbolisch und psychologisch wichtige Zahl gewesen, die uns und den Spitzenverbänden gezeigt hätte, dass die Politik Wort halten wird», erklärte Hörmann und stellte klar: «Ohne erheblichen Mittelaufwuchs ist die Umsetzung der Leistungssportreform jetzt und später nicht möglich.» Der Frust sei groß, dass «die Politik uns in einem «finanziellen Vakuum belässt».
Die anstehende Wahl erhöhe zudem die Bereitschaft in der Politik nicht, sich für die Sportreform zu engagieren. «Im Zuge der Bundestagswahl ist nun leider seit Monaten deutlich erkennbar, dass die Begeisterung der Abgeordneten und politisch Verantwortlichen, Dinge zu verändern, weit weniger groß ist als im Sport», sagte Hörmann. «Damit haben wir eine Gemengelage, die für uns alle eine sehr, sehr große Herausforderung darstellt.»
An der Unterstützung von Bundesinnenminister Thomas de Maizière habe er keinen Zweifel. «Wo ich jedoch mehr und mehr Fragezeichen setze: Ob die Abteilung Sport im BMI bereit und in der Lage ist, das Thema so umzusetzen, wie es mit dem Minister vereinbart worden ist», betonte Hörmann und appellierte «an alle Verantwortlichen»: So eine Reform kann nur im partnerschaftlichen Miteinander gelingen – andernfalls werden wir gemeinsam scheitern.»
Dem DOSB droht jedoch noch von einer anderen Seite Ungemach. Die im Mai berufene PotAS-Kommission, ein Eckpfeiler der Reform, wird voraussichtlich viel später als geplant die Arbeit aufnehmen. «Die neueste Botschaft der letzten Tage ist, dass sie zur nüchternen Erkenntnis gekommen ist, dass in den Jahren 2017/18 wohl kaum konkret verwertbare Ergebnisse vorliegen werden», berichtete Hörmann.
Es gäbe sogar die Nachricht, dass die Einrichtung der hauptamtlichen PotAS-Geschäftsstelle in Münster erst in einigen Monaten oder gar erst Anfang 2018 erfolgen solle. Eine belastbare Form der Umsetzung müsste womöglich auf 2019/2020 verschoben werden. «Dann wären wir schon im Jahr der Olympischen Spiele in Tokio», sagte Hörmann und hielt nicht mit seiner Verärgerung hinterm Berg: «Wenn die PotAS-Kommission nicht liefert, können wir nicht aktiv handeln.»
Aufklärung erhofft man sich darüber bei der Konferenz der Spitzenverbände am Donnerstag an der Spree vom dem eingeladenen PotAS-Vorsitzenden Bernd Strauss. Zudem soll Gerhard Böhm, Abteilungsleiter Sport im BMI, Auskunft über das Finanz-Vakuum geben. Ob in Berlin die Konflikte entschärft und Lösungen für die Probleme gefunden werden können, ist sich der Sprecher der Spitzenverbände nicht sicher. «Wir wollen Auskunft haben und Fragen stellen», sagte Siegfried Kaidel. An ein schnelles Happy End glaubt er nicht: «Das geht mir zu weit. Friede, Freude, Eierkuchen gibt es nicht.»
(dpa)