Wolfsburg – Am Mittwochabend litt Andries Jonker mit seinen alten Münchner Weggefährten. In der Allianz Arena sah der Niederländer, wie die Bayern gegen Dortmund das Pokalfinale verpassten.
Doch Jonker war nicht in den Süden gereist, um seinem Ex-Club die Daumen zu drücken. Der Fußball-Trainer des VfL Wolfsburg war vielmehr gekommen, um den nächsten Bundesliga-Gegner seiner neuen Mannschaft zu beobachten.
Wolfsburg gegen Bayern – das ist für Jonker ein ganz besonderes Spiel. Von 2009 bis 2012 war der 54-Jährige in München angestellt. Erst als Assistent von Louis van Gaal, dann als Interimscoach und Trainer der Reserve. Zwar war das Ende seiner Zeit beim deutschen Rekordmeister nicht ganz frei von Dissonanzen, weil ihm das Angebot, die U19 zu trainieren, nicht genug war. Doch insgesamt blickt Jonker gerne auf die Zeit an der Säbener Straße zurück.
«Ich habe einen sehr guten Draht zu den Spielern, mit denen ich damals gearbeitet habe. Wie zum Beispiel Arjen Robben, Franck Ribéry, Philipp Lahm, Thomas Müller und David Alaba», sagte Jonker der «Bild». Auch mit Kult-Assistent Hermann Gerland steht er seit jener Zeit in Kontakt. «Ich freue mich auf ihn.»
Doch am Samstag (18.30 Uhr) werden alle Freundschaften in der Volkswagen Arena ruhen, dafür steht zu viel auf dem Spiel: Die Bayern können zum dritten Mal nach 2003 und 2008 in der VW-Stadt deutscher Meister werden, was für das Starensemble von der Isar nach dem Pokal-K.o. und Champions-League-Aus ein Trost wäre.
Viel existenzieller ist die Begegnung für Jonker und den VfL. Denn obwohl der Nachfolger von Valérien Ismaël die Wolfsburger Mannschaft seit seinem Amtsantritt Ende Februar deutlich stabilisiert hat, stecken die Niedersachsen immer noch tief im Abstiegskampf. Gerade einmal ein Punkt beträgt der Vorsprung auf den Relegationsplatz, den derzeit der FC Augsburg inne hat. Und das Restprogramm mit Bayern, Frankfurt, Mönchengladbach und Hamburg hat es in sich.
Jonker versucht dennoch, Ruhe auszustrahlen. «Wir schaffen das», sagt er immer wieder voller Überzeugung. Die Art, wie die Mannschaft trainiert, und der Zusammenhalt im Club sind die Hauptfaktoren, die ihn zuversichtlich stimmen. «Hier stehen alle zusammen», sagte Jonker, dessen Verpflichtung durchaus überraschend kam.
Dass Olaf Rebbe nach dem gescheiterten Versuch mit Ismaël nicht auf einen klassischen Feuerwehrmann zurückgriff, spricht für den Mut des jungen Sportdirektors. Es erinnert ein bisschen an die Personalie Lucien Favre bei Borussia Mönchengladbach. 2011 holte Gladbachs Manager Max Eberl auch lieber einen Konzepttrainer à la Favre als einen harten Hund – und wurde mit dem Klassenerhalt und darauf folgenden erfolgreichen Jahren belohnt.
Auch von Jonkers Arbeit sind die Macher in Wolfsburg überzeugt. Der Niederländer arbeitet sehr akribisch, kommt bei den Spielern gut an – nur die Punkte fehlen bislang noch. Das soll sich nach drei Niederlagen aus den vergangenen vier Spielen am Samstag wieder ändern. Dafür ruhen für 90 Minuten auch die guten Beziehungen zu Jonkers Freunden aus München.
(dpa)