Frankfurt/Main – Uli Hoeneß hatte den Mund zu voll genommen. «Es trifft absolute europäische Spitzenklasse aufeinander», hatte der Präsident des FC Bayern München vor dem Viertelfinalduell des deutschen Frauen-Meisters mit Paris St. Germain getönt.
Das bittere Aus der Bayern-Kickerinnen durch die 0:4-Pleite im Rückspiel führte Hoeneß am Mittwochabend im Pariser Prinzenpark auf dramatische Weise vor Augen, was Meister-Trainer Thomas Wörle danach aussprach: «Wir sind gegen einen übermächtigen Gegner ausgeschieden, der finanziell und sportlich in einer ganz anderen Liga spielt als wir. Mit den Möglichkeiten, die wir aktuell haben, können wir mit den Besten in Europa nicht mithalten. Das ist nach diesem Spiel wohl jedem klar.»
Weil auch der VfL Wolfsburg im zweiten deutsch-französischen Duell an Titelverteidiger Olympique Lyon scheiterte, endete eine Erfolgsserie: Erstmals seit zehn Jahren und überhaupt erst zum zweiten Mal in der Geschichte ist kein Bundesligist mehr im Halbfinale dabei. Seit der Premiere in der Saison 2001/02 – damals noch unter dem Namen Women’s UEFA-Cup – haben deutsche Teams immerhin neunmal den Pott geholt.
Für Heike Ullrich, DFB-Direktorin Frauen- und Mädchenfußball, ist das frühe Scheitern jedoch kein Indiz für ein Ende der deutschen Vorherrschaft im europäischen Fußball. Um die Situation seriös zu bewerten, müsse die Gesamtsituation im Vergleich betrachtet werden: «Wir haben eine ausgeglichene Liga, in der auch Spitzenteams von Mannschaften der hinteren Tabellenplätze geschlagen werden können. Das ist eine enorm starke Basis», sagte Ullrich der Deutschen Presse-Agentur. «In Frankreich gibt es dagegen im Grunde nur zwei Teams – Paris und Lyon – mit einem sehr hohen Etat und jeweils sehr starken Spielerinnen», betonte die DFB-Direktorin.
Das bekamen vor allem die Bayern zu spüren. «Wir haben gegen eine unglaublich starke Mannschaft gespielt und unsere Grenzen erkennen müssen. Dieses Niveau ist für uns zu hoch», räumte Wörle ein und fügte hinzu: «Wir müssen viel tun, viel arbeiten, es muss sich noch viel verändern bei uns im Verein.» Trauriger Nebenaspekt: Nationalspielerin Lena Lotzen, die gerade erst ihr Comeback nach zweijähriger Pause gefeiert hatte, schied nur zehn Minuten nach ihrer Einwechslung mit einer neuerlichen Knieverletzung aus.
Tief enttäuscht traten die Wolfsburgerinnen nach dem 1:0 in Lyon, durch das die 0:2-Hinspielniederlage nicht mehr korrigiert werden konnte, die Heimreise an. «Wenn man beide Spiele nimmt und die kompletten 180 Minuten betrachtet, dann waren wir die bessere Mannschaft. Wie im Hinspiel schon hätten wir das eine oder andere Tor mehr schießen müssen», sagte Trainer Ralf Kellermann. «Ich bin sehr, sehr stolz darauf, wie wir uns hier präsentiert haben.»
Der Auftritt machte auch Ullrich Mut, dass der deutsche Frauen-Fußball konkurrenzfähig bleiben wird. «Wir haben und brauchen auch in Zukunft eine attraktive und sportlich ausgeglichene Bundesliga mit einer stabilen infrastrukturellen und finanziellen Basis. Auf dieser breiten Grundlage kann Deutschland weiterhin die Nummer eins bleiben», sagte die DFB-Direktorin. Doch auch sie weiß: «Wir müssen aber starkes Engagement zeigen, um diese breite Basis künftig zu halten.»
(dpa)