Oranje umgarnt van Gaal – Robben will Mitspracherecht

Amsterdam – Fred Grim konnte einem fast ein bisschen leid tun. Da saß der 51-Jährige zum ersten und letzten Mal als Bondscoach auf der Bank, doch die Augen aller Beteiligten waren beim Testspiel der niederländischen Fußball-Nationalmannschaft gegen Italien auf einen anderen gerichtet.

Louis van Gaal war beim 1:2 ebenfalls in der Amsterdam Arena, jener Mann, den sie in den Niederlanden wieder einmal zum Heilsbringer auserkoren haben, um die kriselnde Elftal nach der ernüchternden Phase unter dem entlassenen Danny Blind wieder in die Spur zu bringen.

Reden wollte van Gaal nicht, dafür wurde unentwegt über den Ex-Coach von Bayern München gesprochen. Geht es nach den Fans im Land des Europameisters von 1988 und den Vorstellungen vieler Verantwortlicher im Königlich Niederländischen Fußball Verband, dann soll van Gaal zum dritten Mal den Posten des Nationaltrainers übernehmen und das Team doch noch zur Weltmeisterschaft 2018 in Russland führen.

Die Frage ist nur: Will van Gaal das auch? In der Halbzeit der Partie gegen die deutlich besseren Italiener machte ein Bericht des «Algemeen Dagblad» die Runde, wonach der 65-Jährige sich eine weitere Amtszeit nicht vorstellen könne. Stattdessen schwebt van Gaal offenbar die Rolle eines mächtigen und mit sämtlichen Kompetenzen ausgestatteten Vorstandsvorsitzenden vor. Alle Fäden sollen bei ihm zusammenlaufen, in einem Prozess über mehrere Jahre will van Gaal demnach den holländischen Fußball wieder salonfähig machen.

Eine Quelle für dieses Szenario nennt die Tageszeitung nicht, doch das «Algemeen Dagblad» ist gewöhnlich gut informiert, wenn es um die Nationalmannschaft geht. Und die Lösung würde durchaus Sinn machen – für alle Beteiligten. Van Gaal kann nach dem tollen dritten Platz bei der WM 2014 in Brasilien eigentlich nur verlieren, wenn er sich erneut das Amt des Bondscoaches antut. Schon in seiner ersten Amtszeit bekam er zu spüren, wie ungemütlich der Job sein kann, als er die WM 2002 in Japan und Südkorea verpasste.

Als großer Denker und Lenker auf Vorstandsebene kann er dagegen nur gewinnen. Der Verband durchlebt seit einigen Jahren turbulente Zeiten. Dass der eigentlich für Sponsorengewinnung zuständige Direktor Jean Paul Decossaux die Trennung von Blind abwickelte, zeigt, wie es um den KNVB derzeit bestellt ist. Der laut «AD» von van Gaal angestrebte Posten muss zwar erst noch geschaffen werden, in der geplanten Strukturreform ist er aber bereits vorgesehen.

Bleibt noch die Frage, wer sich unter einem Super-Direktor van Gaal als Bondscoach auf die Bank setzen würde. Ex-Profi Ruud Gullit brachte sich selbst als Kandidat ins Gespräch. «Jeder kann viel von van Gaal lernen», sagte der Europameister von 1988 im TV-Sender SBS6. Genannt wird auch immer wieder der Name Henk ten Cate. Ronald Koeman, über den ebenfalls spekuliert wurde, sagte dagegen ab. «Sie haben ihre Chance gehabt», sagte der Trainer des FC Everton, der 2014 nach der WM wollte, aber nicht durfte. «Jetzt sind wir zwei Bondscoaches und einige Assistenten weiter. Und gucke, wo wir mit unserem Fußball stehen.»

Es wird also keine einfache Suche nach einem neuen Trainer, zumal auch die Mannschaft ein Wort mitreden will. Das machte Bayern-Star Arjen Robben deutlich. «Wir wollen in den Prozess gerne involviert sein. Wesley Sneijder und ich sind jetzt schon 14 Jahre beim Nationalteam. Wir haben viele Trainer und Spielergruppen mitgemacht. Ich denke, wir haben eine gute Vorstellung davon, wer zu dieser Gruppe passen könnte», sagte Robben. «Ich bin Kapitän und damit erster Ansprechpartner.»


(dpa)

(dpa)