Leipzig – Nach starken Leistungen bei den Olympischen Spielen in Rio hatte Davie Selke auf eine erfolgreiche Saison bei RB Leipzig gehofft. Er wollte kein Edeljoker mehr sein, sich mit vollem Engagement im Training für den furios gestarteten Bundesliga-Neuling anbieten. Geändert hat sich nichts.
Er stecke im Moment sicher in der schwersten Phase seiner Karriere, sagte er vor dem Spiel an diesem Samstag bei seinem ehemaligen Verein Werder Bremen.
«Ich weiß, dass es in Bremen sehr, sehr schwer wird. Weil es dort ein Hexenkessel ist und uns da eine richtig geile Atmosphäre erwartet», meinte Selke vor seiner erstmaligen Rückkehr ins Weserstadion (15.30 Uhr). Im Hinspiel durfte er ab der 71. Minute ran und erzielte in der Nachspielzeit den Treffer zum 3:1. Danach passierte nicht mehr viel mit dem 22-jährigen Vollblutstürmer.
Cheftrainer Ralph Hasenhüttl lobt zwar ständig seinen Einsatz im Training: «Für mich ist wichtig zu sehen, wie die Spieler mit dieser Situation umgehen.» Doch irgendwie wirkt der Acht-Millionen-Neuzugang, damals in Liga zwei, im Dauerpressing spielenden Team wie ein Fremdkörper.
Dabei haben sich die Zeiten bei RB geändert. Stürmerkollege Yussuf Poulsen ist verletzt, Leipzigs Überfall-Taktik mit dem laufintensiven Draufgehen wurde mittlerweile von vielen Kontrahenten durchschaut. Und so viele personelle Alternativen neben Torjäger Timo Werner (14 Saisontore) gibt es auch nicht. Kurios: Hasenhüttl meinte vor dem 0:1 gegen Wolfsburg noch über den Edelreservisten: «Davie ist mit seinem Abschluss wahrscheinlich der beste RB-Spieler in der Box.»
Dennoch fand Selke gegen robust verteidigende Wolfsburger keine Berücksichtigung. Schlimmer noch – Hasenhüttl wechselte U23-Stürmer Federico Palacios ein. Für Selke sicherlich die Höchststrafe. So diskutierte er beim Auslaufen, sichtbar für alle Fans, gestenreich mit Co-Trainer Zsolt Löw, machte seinem Ärger Luft. Anschließend gab es ein fast einstündiges Gespräch mit dem Trainerteam.
Ob Selke in Bremen, wo er einst unter Trainer Viktor Skripnik den Bundesliga-Durchbruch schaffte, auflaufen darf, ist offen. Hasenhüttl deutete zwar neue taktische Lösungen an. Doch ob sie auf den 1,92 Meter großen Stürmer zugeschnitten sind, ist fraglich. Aufgeben will der Olympia-Zweite (Vertrag bis 2020) nicht. Wohlwissend, dass bei einer sich andeutenden Leipziger Champions-League-Teilnahme mehr rotiert werden müsste.
Dann wären sicherlich auch seine Qualitäten öfter gefragt. Nur 360 Einsatz-Minuten in bislang 24 Saisonspielen (2 Tore) sprechen allerdings eine andere Sprache. Von Anfang an durfte er nur am fünften Spieltag in Köln und beim Auswärtsspiel in Dortmund, als das Team von einer Grippewelle heimgesucht wurde, ran. Beide Male wurde er ohne Torerfolg wieder ausgewechselt.
(dpa)