Nagelsmann und sein Händchen: Aus 1:2 mach 5:2

Sinsheim – Am Montag darf Adam Szalai bei 1899 Hoffenheim die «Wettkampf-Ersatzeinheit» schwänzen. So nennt Erfolgscoach Julian Nagelsmann das verschärfte Training der Reservisten.

Sein ungarischer Nationalstürmer stand am Samstag mit nacktem Oberkörper vor den glückseligen Fans im Stadion und schmetterte die «Humba». Szalai war der gefeierte Mann nach dem 5:2 (1:1)-Sieg der Kraichgauer gegen den Abstiegskandidaten FC Ingolstadt. Bei seinem erst zweiten Startelf-Einsatz dieser Bundesliga-Saison traf er gleich zweimal. «Ich habe mir gesagt, dass ich in der ersten Minute eingewechselt werde», meinte er schmunzelnd.

Szalai war nach seiner Zeit beim FSV Mainz 05 (2010 bis 2013) ziemlich abgetaucht: Erst bei Schalke 04, dann bei den Hoffenheimern, die ihn im ersten Halbjahr 2016 an Hannover 96 ausgeliehen hatten. Nach der Europameisterschaft im Sommer stand der 29-Jährige wieder im TSG-Trainingszentrum in Zuzenhausen auf dem Platz. Kaum jemand rechnete mit ihm. «Ich habe schon 100 mal gesagt und sage es gerne zum 101. Mal: Ich hatte nie den Eindruck, dass er sich hängen lässt», erklärte Nagelsmann. Sportchef Alexander Rosen sagte: «Adam war hier vom ersten Tag an präsent.»

An Torjäger Sandro Wagner kam Szalai aber nicht vorbei – bis Nagelsmann die beiden Stoßstürmer gegen Ingolstadt nebeneinander aufstellte. Wieder einmal bewies der 29 Jahre alte Chefcoach ein glückliches Händchen bei seinen taktischen Experimenten: Szalai gelang in der 62. Minute der Ausgleich zum 2:2, in der 77. das 4:2. Zudem trafen Nationalspieler Sebastian Rudy (17.) und Andrej Kramaric (79.) für Hoffenheim. Almog Cohen (38.) und TSG-Abwehrspieler Niklas Süle per Eigentor hatten zuvor für eine 2:1-Führung der Oberbayern gesorgt.

«Fünf Minuten der Unkonzentriertheit haben gereicht, um das Spiel komplett kippen zu lassen», klagte FCI-Trainer Maik Walpurgis. Den Endstand nach einem furiosen Endspurt der «Nagelsmänner» stellte der Ex-Ingolstädter Benjamin Hübner (88.) her.

Kramaric sorgte für das zwölfte Jokertor der Kraichgauer – das ist Ligabestwert. «Andrej hatte gestern super trainiert. Mein Co-Trainer hat ihm dann erklärt, dass die Räume ab der 60. Minute groß werden», sagte Nagelsmann. Er überrascht mit seinen Umstellungen nicht nur immer wieder die Gegner, sondern hält auch seinen Kader bei Laune. «Wir haben keine Grüppchenbildung, das ist das Wichtigste. Wir sind immer als Mannschaft zusammen, da sind keine Cliquen», versicherte der verletzte Flügelflitzer Pavel Kaderabek.

Der Erste, mit dem Nagelsmann nach dem Sieg am Samstag auf dem Rasen sprach, war Abwehrspieler Ermin Bicakcic, der dieses Mal draußen saß. «Ich habe nie gesagt, dass Adam keine Zukunft hat», betonte der Chefcoach nach Szalais großem Tag. «Eine tolle Geschichte», nannte es Rosen und einen Beleg dafür, dass die Spieler aus der zweiten Reihe dranbleiben.

Dass Nagelsmann mit einer anderen taktischen Maßnahme keinen durchschlagenden Erfolg hatte, nämlich das torgefährliche Toptalent Nadiem Amiri auf der rechten Außenbahn zu verschenken, fiel an diesem Tag nicht ins Gewicht: Hoffenheim blieb vor 23 028 Zuschauern in der Sinsheimer Rhein-Neckar-Arena auch im zwölften Heimspiel unbesiegt und festigte seinen vierten Tabellenplatz. Die erste Europacup-Teilnahme der Clubgeschichte rückt immer näher, auf den Siebten sind es schon acht Zähler Abstand. «Die Spiele vergehen, und wir holen die Punkte», sagte Szalai.


(dpa)

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