Antholz – Erst versetzten Nadine Horchler und Laura Dahlmeier die Südtiroler Biathlon-Arena in Antholz mit ihrem Doppelsieg in Jubelstimmung, dann setzten die deutschen Männer noch einen drauf.
Mit dem ersten Staffelerfolg seit fast zwei Jahren machte Schlussläufer Simon Schempp das überragende Ergebnis der deutschen Skijäger perfekt. In einem packenden Schlussspurt rang Schempp am Samstag den Norweger Emil Hegle Svendsen nieder. Damit hatten Erik Lesser, Benedikt Doll, Arnd Peiffer und Schempp 0,1 Sekunden Vorsprung vor dem Weltmeister. Dritter wurde Olympiasieger Russland.
«Es ist toll, wieder zu gewinnen», sagte Schempp. Bei der gelungenen WM-Generalprobe leisteten sich die Deutschen insgesamt sieben Nachlader. Schempp musste im Spurt zwar den längeren Weg gehen, hatte im Fotofinish aber eine Schuhlänge Vorsprung vor Svendsen. Zuletzt hatten die Deutschen bei ihrem WM-Sieg im März 2015 gewonnen. Damit untermauerten die Deutschen ihre Ambitionen auf eine WM-Medaille. Auch wenn Frankreichs Star Martin Fourcade ebenso pausierte wie Russlands Ass und Einzelsieger Anton Schipulin. Als WM-Favoriten sehen sich die Deutschen auch deshalb nicht. «Bälle flach halten», sagte Lesser lachend.
Während Schempp & Co das Gefühl ganz oben auf dem Siegerpodest kennen, kämpfte Nadine Horchler nach ihrem Sensations-Coup im Massenstart bei der Siegerehrung mit den Tränen. «Es ist unfassbar, ich kann es gar nicht glauben», sagte Horchler nach ihrem ersten Weltcupsieg überhaupt. Die knapp geschlagene Laura Dahlmeier machte als Zweite den ersten deutschen Doppelsieg des Winters perfekt und freute sich mit ihrer Teamkollegin. «Wenn man nach so einer Karriere und so einem Saisonverlauf gewinnt, ist das der Wahnsinn», sagte Dahlmeier nach ihrem neunten Podestplatz der Saison.
Horchler sicherte sich zweieinhalb Wochen vor dem Saisonhöhepunkt in Hochfilzen in letzter Sekunde sogar noch das WM-Ticket und stand erstmals überhaupt in ihrer wechselvollen Karriere auf dem Podium. Sie und Dahlmeier verwiesen in einem packenden Endspurt die Tschechin Gabriela Koukalova auf Rang drei.
Damit fährt Dahlmeier im Gelben Trikot der Weltcup-Gesamtführenden zur WM, nachdem sie zuvor in Südtirol schon das Einzelrennen gewonnen hatte. Bis zum letzten Schießen sah es so aus, als ob die Verfolgungs-Weltmeisterin ihrem fünften Saisonsieg entgegeneilt. Doch zwei Strafrunden warfen sie auf Rang vier, 16 Sekunden hinter Koukalova und Horchler zurück. Aber Dahlmeier zündete erneut den Turbo und schnappte sich kurz vor dem Ziel noch die Tschechin: «Ich hätte gar nicht gedacht, dass ich sie noch einholen kann. Aber die Strecken taugen mir einfach und ich bin super zufrieden.»
Die Geschichte des Tages aber schrieb Nadine Horchler. Die 30-Jährige startete 2010 nicht mal im zweitklassigen IBU-Cup. Mit 23 stand sie am Scheideweg, aber sie machte weiter. Ohne großartige Unterstützung jobbte sie im Sommer in einer Pizzeria, wurde in der Zeit mit Material von Rekord-Weltmeisterin Magdalena Neuner unterstützt und setzte sich eine Frist von einem Jahr. Sie wurde belohnt, schaffte den Sprung sogar ins Weltcup-Team. Aber richtig etablieren konnte sie sich nicht, zuletzt lief sie weitestgehend im IBU-Cup.
Den Grundstein für ihren Überraschungserfolg legte Horchler mit einem fehlerfreien Schießen. Und dass die eher laufschwächere Horchler Koukalova niederringen kann, hätte kaum jemand für möglich gehalten. «Ich dachte nach dem letzten Schießen, toll zweiter Platz hinter Gabi. Dass ich vorbei gehen und gewinnen kann, hätte ich nicht für möglich gehalten», sagte Horchler.
(dpa)