Frankfurt/Main – Die Debatte über die Schiedsrichter wird zum Dauerthema – und jetzt schwächeln auch noch die Vorzeige-Referees Felix Brych und Wolfgang Stark. Mit teilweise gravierenden Fehlentscheidungen erhitzen die Unparteiischen am Wochenende erneut die Gemüter.
In Bremen beschenkte der 47 Jahre alte Stark, mit 334 Bundesliga-Spielen der Erfahrenste seiner Zunft, die Gastgeber, weil er Köln einen Elfmeter versagte. In Wolfsburg pfiff EM- und WM-Spielleiter Brych (41) für Frankfurt einen Elfmeter, der keiner war – und einen nicht, der einer war.
In Zeiten des Hochgeschwindigkeits-Fußballs läuft zur Zeit alles gegen die Unparteiischen, wie auch eine Begebenheit aus der 2. Liga zeigte: Bei Union Berlin – SpVgg Greuther Fürth (1:1) bekam Bibiana Steinhaus, die einzige Schiedsrichterin im Profifußball, den Ball von Stephan Fürstner so unglücklich in den Rücken, dass Serdar Dursun dies als Vorlage zum Ausgleich für Fürth nutzte.
Vor einer Woche hatte Christian Dingert (Lebecksmühle) in Frankfurt nach Angaben von Hoffenheims Trainer Julian Nagelsmann in der Halbzeit gesagt, «dass ich ihn in der Halbzeit hätte auswechseln müssen». Die allgemeine öffentliche Schelte hat die Spielleiter offenbar nicht unberührt gelassen. «Ich hatte auf jeden Fall das Gefühl, dass der Schiedsrichter verunsichert ist», sagte Dortmund Trainer Thomas Tuchel nach dem 2:2 in Hoffenheim.
Dort versuche Benjamin Brand am Freitagabend alles besser zu machen und verteilte früh Verwarnungen. Im Laufe des Spiels hätten ihm aber Beobachter eine Körpersprache gewünscht wie jene des zurückgetretenen Schiedsrichter-Hünen Knut Kircher, der in Sinsheim auf der Tribüne saß. Denn der 27-Jährige Bamberger übersah erst, dass Sandro Wagner beim 2:1 für die Kraichgauer Sven Bender weggeschubst hatte. Dann zückte er gegen Marco Reus zu Unrecht die Gelb-Rote Karte.
Das alles führte zu einem Wutanfall von BVB-Vereinsboss Hans-Joachim Watzke. «Das ist unglaublich, unfassbar. Ich rege mich über die unfassbaren Fehlentscheidungen in der ersten Halbzeit auf», kommentierte Watzke die Leistungen von Brand. Die Trainer Thomas Tuchel und Nagelsmann hielten sich mit ihren Emotionen zurück, zumal sich der Hoffenheimer Coach bereits vor der Partie um Verständnis für die Referees plädiert hatte. «Entweder bei den Zuschauern, Trainer A oder Trainer B – immer bist du der Vollidiot. Und immer der Vollidiot im Leben zu sein, ist nicht so schön.»
Andere Clubs fühlen sich regelrecht verfolgt. So schimpfte Frankfurts Vorstandschef Fredi Bobic nach dem 0:1 in Wolfsburg: «Langsam kommt es mir so vor, als will uns keiner da oben haben. Ich habe das Gefühl, wir werden mit Gelben und Roten Karten gejagt.» Der Münchner Brych hatte in seinem 222. Erstliga-Spiel der Eintracht zwar zunächst einen unberechtigten Strafstoß gegeben, den Alex Meier verschoss. Kurz darauf verweigerte er den Gästen aber einen klaren Elfmeter.
Dies erzürnte Frankfurts Trainer Niko Kovac: «Der Schiedsrichter muss das pfeifen, was er sieht. Wenn er sich bei der ersten Szene vertan hat, kann er nicht bei der zweiten sagen: Jetzt pfeife ich nicht.»
In Bremen schwächelte derweil Stark: Der frühere WM-Unparteiische aus Ergolding übersah in der vorletzten Minute ein klares Foul von Robert Bauer an Marco Höger im Strafraum. So blieb den Kölner die Siegchance verwehrt. «Da erwarte ich von einem Schiedsrichter, dass er die Situation richtig einschätzt und dass das nicht die 25 Prozent sind, die sie im Moment wohl falsch entscheiden», meinte Kölns Sportdirektor Jörg Schmadtke sarkastisch.
Diese Quote hatte Lutz Michael Fröhlich genannt. «Wir haben an normalen Spieltagen in der Bundesliga und der 2. Bundesliga zusammen ca. 20 bis 25 knappe und kritische Entscheidungen. Rund 75 Prozent davon erweisen sich nach Analyse der TV-Bilder als richtig», sagte der Vorsitzende der DFB-Schiedsrichter-Kommission bereits vergangene Woche. «Pro Spieltag geht es im Durchschnitt um zwei bis drei Entscheidungen. Das Verhältnis hat sich im Laufe der jetzigen Saison zu den Vorjahren nicht wesentlich verändert.»
(dpa)