Mainz – Dietmar Beiersdorfer verließ auf seiner womöglich letzten HSV-Dienstreise spät die Katakomben. Zur Abwechslung musste der entmachtete Vorstandschef nach dem 1:3 beim FSV Mainz 05 diesmal aber nicht die sportliche Krise des HSV kommentieren, vielmehr ging es um seine eigene Zukunft.
Gut eine Woche nach seiner Absetzung als HSV-Vorstandschef wird kurioserweise beim HSV ein Modell mit Beiersdorfer als Sportchef über das Jahresende hinaus diskutiert. Einige Fürsprecher wie Trainer, Spieler und Fans hatten sich jedenfalls für Beiersdorfer stark gemacht, nachdem er zuvor monatelang Prügel bezogen hatte.
«Ich weiß davon nichts», kommentierte Beiersdorfer achselzuckend die immer wiederkehrenden Fragen zu seiner Zukunft und wiederholte auch im Sport1-«Doppelpass» seinen Standpunkt: «Ich unterstütze den Club bis zum letzten Tag. Nur darauf liegt im Moment mein Fokus. Über alles andere möchte ich nicht spekulieren.» Er sei zum 22. Dezember seines Amtes enthoben und zum 31. ende der Vertrag, an diesen Fakten orientiere er sich.
Ob Heribert Bruchhagen als neuer starker Mann beim HSV neue Fakten schaffen wird, bleibt fraglich. In seiner Rolle als TV-Experte beim TV-Sender Sky hielt sich der 68-Jährige jedenfalls bedeckt. «Es macht keinen Sinn, dass ich mich zu diesen intensiven Dingen der Vereinspolitik in diesem Moment äußere», sagte Bruchhagen, der auf eine Reise nach Mainz verzichtet hatte, auch um nicht für weitere Unruhe zu sorgen.
So kam es zur skurrilen Situation, dass sich der neue Clubchef in einer Liveschalte mit Trainer Markus Gisdol über Transfers («Wir brauchen Sechser und Außenverteidiger») und die Zukunft («Wir sind optimistisch für das Schalke-Spiel») austauschte.
Die Fürsprachen für Beiersdorfer aus der Mannschaft hatte Bruchhagen trotzdem vernommen. «Didi ist eine überragende Person, die uns Spielern ganz nahe ist. Er lebt den HSV», erklärte Matthias Ostrzolek. «Wir mögen Didi alle unwahrscheinlich gerne», äußerte auch der Ex-Mainzer Nicolai Müller. Coach Gisdol hatte schon in der vergangenen Woche erklärt, er würde gerne weiter mit Beiersdorfer zusammenarbeiten. Dieser genieße «höchstes Ansehen» in der Mannschaft.
Eine Lösung mit Beiersdorfer kommt auch deshalb in Frage, weil für die knifflige Transferphase im Januar kein neuer Sportchef auf die Schnelle eingelernt werden müsste. Ob sich Beiersdorfer darauf einlässt? «Ich hätte an der ein oder anderen Stelle mehr Loyalität erwartet, aber das ist das Geschäft», kommentierte er die jüngere Entwicklung.
Das 1:3 in Mainz und der damit verbundene sportliche Rückschlag nach vier Bundesliga-Spielen ohne Niederlage geriet beim HSV mal wieder total in den Hintergrund. Nachdem der zuvor in der Bundesliga torlose Danny Latza die Mainzer mit einem Dreierpack (35./56./67. Minute) zum Erfolg schoss, haderte Gisdol mit dem Schicksal: «Jeder Ball, den Latza mit einem Kontakt gespielt hat, war im Tor.»
Ansonsten hatte der 47-Jährige ein «ordentliches Spiel» seines Teams gesehen, bei dem der Führungstreffer von Bobby Wood (21.) nicht gereicht hatte. Bevor die Transferjagd im Januar beginnt, soll ein ordentlicher Jahresausklang gelingen: «Gegen Schalke wollen wir auf jeden Fall etwas Zählbares mitnehmen», kündigte Gisdol an.
(dpa)