Yokohama – Die Stars schimpfen, die Schiedsrichter kommen ins Schwitzen, die Medien machen sich lustig. Der erste offizielle Test zur Einführung des Videobeweises im Profi-Fußball ist bei der FIFA-Club-Weltmeisterschaft in Japan schnell und gründlich daneben gegangen.
Die Diskussion überschattet sogar die Vorfreude auf das Finale des Turniers zwischen Champions-League-Sieger Real Madrid mit Weltfußballer Cristiano Ronaldo und Weltmeister Toni Kroos und den Gastgebern von Kashima Antlers. Am Sonntag wird in Yokohama der zwölfte Gewinner des 2005 eingeführten Wettbewerbs ermittelt.
«Das ist kein Fußball», klagte Real-Mittelfeldlenker Luka Modric nach dem 2:0-Triumph im Halbfinale gegen CF América aus Mexiko. Teamkollege Lucas Vázquez störte «die lange Warterei bis zur Entscheidung». «Das nervt, das Spiel verliert sein Wesen.» Die Medien in Spanien schlugen in die gleiche Kerbe, aber noch ein Stückchen heftiger als die Spieler. «Technopfusch», titelte die Madrider Sportzeitung «AS» am Freitag groß auf Seite eins. Das Konkurrenzblatt «Marca» sprach von «Chaos» und «Klamauk».
Was war passiert? In der Nachspielzeit hatte Ronaldo gegen CF América zum 2:0 getroffen. Die Mexikaner protestierten wegen einer vermeintlichen Abseitsstellung. Schiedsrichter Enrique Cáceres annullierte zunächst auf Hinweis des Videobeobachters das Tor, die Mexikaner führten den entsprechenden Freistoß aus. Doch dann hieß es plötzlich: Kommando zurück, das Tor gilt doch. Konfusion hoch zwei. «Das hat wirklich für viel Verwirrung gesorgt, da muss noch einiges geklärt und besser gemacht werden», meinte Trainer Zinedine Zidane.
Schon im ersten Halbfinale, bei dem Kashima den südamerikanischen Copa-Libertadores-Meister Atlético Nacional de Medellín überraschend klar mit 3:0 bezwungen und als erstes asiatisches Team überhaupt das Finale erreicht hatte, sorgte der Videobeweis für Unruhe. Das erste Tor der Japaner war einem Foulelfmeter entsprungen, der nach Überprüfung der Videoaufnahmen verhängt wurde. Orlando Berrío hatte Daigo Nishi tatsächlich im Strafraum zu Fall gebracht. Gab es da ein Problem? Nicht eins, viele.
Referee Viktor Kassai hatte das Foul zunächst übersehen und das Spiel 44 Sekunden lang weiter laufen lassen, bis ihm der Hinweis aus dem Videoraum per Funk ins Ohr geflüstert wurde. Lange Pause, Kassai läuft zu einem kleinen Bildschirm am Spielfeldrand, sieht das Foul und zeigt auf den Elfmeterpunkt – weil er schlichtweg übersieht, dass Nishi vor der Ballannahme im Abseits stand. «Das ist eine Komödie», rief ein spanischer TV-Kommentator empört.
David Elleray, Technischer Direktor des International Football Association Board (IFAB), sagte, das «Projekt» werde fortgesetzt. UEFA-Präsident Aleksander Ceferin meinte unterdessen unter dem Eindruck der Proteste, die Einführung des Videobeweises gehöre vorerst nicht zu den Plänen des europäischen Verbandes. «Schauen wir mal, was die Zukunft bringt.»
Aber da ist auch noch das Endspiel. «Für uns heißt es: Gewinnen oder Gewinnen», meinte Vázquez. Zidane warnte aber vor einer Unterschätzung des Gegners: «Im Fußball weiß man nie, was passieren wird», sagte er halbherzig. Die Königlichen, die seit 36 Spielen nicht mehr verloren haben, können den zweiten Titel nach 2014 holen. Damals wurden die Argentinier von San Lorenzo de Almagro im Finale mit 2:0 bezwungen. Reals Erzrivale FC Barcelona bleibt aber mit drei Titeln in jedem Fall Rekordgewinner.
(dpa)