Berlin – Es war ein ungewohntes Bild auf dem Sportplatz im Berliner Stadtteil Hohenschönhausen. Auf dem von Nieselregen und Graupel aufgeweichten Rasen bewegten sich zahlreiche Frauen mit Kopftüchern und neongrünen Trikots, sie schenkten ihren Gegnerinnen keinen Zentimeter Raum.
Für die Rugbyspielerinnen aus dem Iran hätten die Bedingungen in Deutschland kaum besser sein können. Der Auftritt der U23-Auswahl des Iran war das erste Mal, dass ein weibliches Team aus der Islamischen Republik in Europa spielte. Die Mannschaft aus Asien gewann in den vergangenen Tagen ihre Spiele gegen die Mannschaften des USV Potsdam und des Berliner SV 92. Nur gegen die Siegerinnen dieses Freundschafts-Turniers, die Frauen des Berliner RK 03, hatten sie keine Chance.
«Diese Spiele waren für uns sehr aufschlussreich», sagte Parissa Grawandi. Auch wenn sie selbst nicht mehr dabei sein wird, träumt sie davon, dass sich die iranischen Frauen für die Olympischen Spiele 2028 qualifizieren. Sechs statt wie bisher drei Teams aus Asien dürfen starten – das erhöht die Chancen.
Acht Jahre nach den zarten Anfängen verzeichnet das Frauen-Rugby im Iran einen steten Aufschwung. 2000 Spielerinnen werden mittlerweile gezählt, in 21 der insgesamt 31 Regionen besteht die Möglichkeit für Frauen, diesem Sport nachzugehen.
Seitdem gemäßigtere Kräfte die Politik des Iran bestimmen, spürt Verbands-Präsident Hassan Mirzaaghabaik einen regelrechten Boom im Frauensport: «Schwimmen und Turnen sind nach wie vor schwierig, aber Ballsportarten sind total angesagt.» Parissa Grawandi schwärmt vom Rugby: «Das ist ein total aufregendes Spiel.»
Speziell mit Rugby kommen Frauen im Iran sehr früh in Berührung. Eine vereinfachte Version dieses Sports, das sogenannte Tag-Rugby, kommt ohne direkten Körperkontakt aus. In den Kindergärten und Grundschulen werden die Jüngsten langsam herangeführt.
So hat das Land eine Art Frauen-Rugby-Vorreiterrolle in der muslimisch geprägten Welt übernommen. «In Singapur, Malaysia oder auch in Thailand gibt es inzwischen viele Frauen, die Rugby spielen wollen, weil sie gesehen haben, dass Iranerinnen auf internationalem Niveau spielen», sagte Mirzaaghabaik.
Neben dem sportlichen Austausch bestand ein wesentliches Ziel des iranischen Besuches in Berlin auch darin, das Verständnis für die jeweils andere Kultur zu stärken. Das Treffen erfolgte im Rahmen des Programms «weltweiter Jugendaustausch» des Bundesaußenministeriums.
«Hier zeigt sich, welche bedeutende Rolle der Sport gesellschaftlich spielen kann», sagte Peter Wolf, der als Geschäftsführer des Vereins «Bürger Europas» den einwöchigen Aufenthalt koordinierte.
(dpa)