Düsseldorf – Langeweile war gestern. Nach langer Alleinherrschaft des FC Bayern herrscht im Bundesliga-Titelkampf wieder Spannung. Anders als 39 Spieltage zuvor rangiert nicht der Rekordmeister, sondern RB Leipzig an der Spitze.
Darüber hinaus schüren die geringen Abstände im oberen Tabellenbereich die Hoffnung auf einen packenden Saisonverlauf. Ganze sechs Punkte beträgt der Abstand zwischen Rang 1 und 7 – zuletzt waren es nur in der Spielzeit 2009/2010 weniger. Leverkusens Trainer Roger Schmidt sprach vielen Fußball-Fans aus der Seele: «Im Vergleich zum Vorjahr ist alles anders. Es wäre schön, wenn es bis zum Saisonende so weitergeht.»
Aus Frust über die jüngste Entwicklung schickte Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge bereits Mitte der Woche eine Kampfansage Richtung Leipzig: «Ich würde nicht ausschließen, dass da jetzt ein Halali stattfindet.» Mit einem Heimsieg am Samstag (18.30 Uhr) gegen Bayer Leverkusen wollen die Münchner die Jagd auf den Aufsteiger eröffnen.
Doch nach zuletzt nur zwei Siegen aus den vergangenen sieben Partien herrscht angespannte Stimmung, wie der jüngste Rüffel von Rummenigge für Weltmeister Jérôme Boateng dokumentiert. Trainer Carlo Ancelotti weiß um die Bedeutung der Partie gegen Leverkusen. Er bat um Geduld: «Ich habe Selbstvertrauen, ich bin Optimist. Ich bin zuversichtlich, dass wir aus dieser Phase schnell herauskommen.»
Nicht nur die Leipziger, sondern auch die Dortmunder bereiten dem Meister der vergangenen vier Jahre zunehmend Kopfzerbrechen. Nach zwischenzeitlicher Durststrecke scheint die Borussia auf dem Weg der Besserung und ist wettbewerbsübergreifend seit neun Pflichtspielen ohne Niederlage.
Zudem feierte in Marco Reus ein Schlüsselspieler sein Comeback, der den BVB laut Einschätzung von Trainer Thomas Tuchel auf ein noch höheres Niveau heben kann. Allerdings bleibt offen, ob der Nationalspieler nur vier Tage nach seiner Gala beim verrückten 8:4 gegen Warschau auch im schweren Spiel bei Eintracht Frankfurt wieder zur Startelf gehören wird.
Mit einer Niederlage bei den Hessen könnte der Tabellendritte aus Dortmund sogar aus den Europacuprängen rutschen. Denn mit Köln, Hoffenheim, Hertha BSC und Frankfurt liegen gleich vier punktgleiche Teams in Lauerstellung. Die vermeintlich leichteste Aufgabe hat der 1. FC Köln im Heimspiel gegen den FC Augsburg zu lösen. Rechtzeitig zur finalen Vorbereitung auf die Partie meldete sich der an einem viralen Infekt erkrankte Peter Stöger nach dreitägiger Zwangspause gesund zurück. «Die 21 Punkte waren für meinen Körper zu viel, so dass er es nicht verkraftet hat», scherzte der Coach in Anspielung auf die bisher üppige Ausbeute des Vierten.
Im Vergleich zu den Kölnern dürfte es Tabellennachbar Hoffenheim in Mönchengladbach schwerer haben. Zwar liegt die Borussia derzeit nur auf Rang 13, gilt aber als heimstark. Nach dem respektablen 1:1 in der Champions League gegen Manchester City, das die Teilnahme in der Europa League sicherte, wollen die Gladbacher nun in der Bundesliga Boden gutmachen: «Wir müssen in einem anderen Wettbewerb Fahrt aufnehmen», sagte Verteidiger Tony Jantschke. «Wir wissen, dass wir eine gute Mannschaft haben, aber wir haben zu wenig Punkte.»
Größer als im oberen sind die Abstände im unteren Tabellendrittel. So liegt Schlusslicht Hamburger SV bereits fünf Punkte vom einem Nicht-Abstiegsplatz entfernt. Ein Sieg im Nordderby gegen das Team aus Bremen, dem es als 16. nur bedingt besser geht, ist deshalb Pflicht. Das dreitägige Kurztrainingslager in der Sportschule Barsinghausen sollte das Wir-Gefühl stärken. «Ein Sieg im Derby kann ein Schlüsselmoment sein», sagte HSV-Mittelfeldspieler Nicolai Müller. Bremens Sportchef Frank Baumann sieht es ähnlich: «Es werden jetzt die Weichen gestellt.»
(dpa)